Dortmund. . Für ein Exemplar werden auch mal 5000 Euro gezahlt. Die neuen Besitzer hoffen auf große Zuchterfolge. Und insgesamt auf Hilfe aus China.
Genau diese Taube hatte Rudolf F. von Anfang an im Auge: 03524-17-282W natürlich. As-Täubin, zwölf Preise, Tochter von Zuchtvogel Nummer 1, und dann auch noch von dieser Mutter: 06586-16-232 – wer Taubenwelsch versteht, hat jetzt Vorteile. „5000 Euro für das junge Weibchen von Franz Musiol“, ruft Auktionator Gerhard Mack etwas missverständlich in die bestuhlte und gut gefüllte Westfalenhalle, dann ist die Taube des Züchters Musiol sozusagen unter dem Hammer.
Und F. am Ziel. Ein Schnäpschen gibt es an der Zahlstelle, Bares wandert über den Tisch, in einem Karton trägt er die Taube von der Bühne. Herr F., 5000 Euro? Für eine, nun ja, für eine Taube? „Später“, sagt der Dortmunder Züchter: „Ich muss noch ein paar ersteigern.“
Viel Geld unterwegs, Taschendiebe auch
Was kann das sein? Die „Deutsche Brieftauben-Ausstellung (DBA)“ in Dortmund, Saisonhöhepunkt der Taubenfreunde. Auf der Versteigerung ist immer viel Geld unterwegs, Taschendiebe sind es auch, erzählen die Züchter einander – und Geschichten von Meistertauben, die unterm Tisch weggeklaut wurden. Im Karton noch!
Und doch, und doch: „Man hat halt Spaß am Taubensport“, sagt Karl Rahlenbeck, der ebenfalls gerade mit großen Scheinen hantiert hat. Wobei die teuren Tauben nur noch zur Zucht kommen, für den Sport sind sie verdorben: „Sie fliegen“, sagt der Kamener, „doch immer zum Schlag des Züchters zurück“. Freundliches Kopfschütteln im Ton, dass man das nicht weiß.
Kräuterhefe und Reisevitamine
Zwei Tage, 2000 Tauben, erhoffte 10 000 Besucher. In Halle 3b ist das Geschiebe derart, dass man die 10 000 für maßlos untertrieben hält. Hier gibt es alles für die Taube von Welt: Kräuterhefe und Reisevitamine, Badesalze und Elektrolyte und stabilisierte Reiskleie („hoher Ballaststoffanteil . . . erhöht Stuhlvolumen und -frequenz“). Pokale, Plaketten, Trichomonaden-Diagnostik und Gen-Untersuchungen.
Indes können die Besucher auch Dinge käuflich erwerben, die für den Taubensport nicht zwingend erforderlich sind: Allesschneider, Edelsteine, Handtaschen. Ein Mann bietet „Wasserader- und Elektrosmogberatung“ an, sein Plakat zeigt eine Taube und die Zeile „Champions schlafen nicht auf Wasseradern“. Woher kommt bloß die Idee, dass es das Plakat auch mit Hund, Katze, Pferd gibt?
Männer, die auf Tauben starren
Oder Halle 2. Männer, die auf Tauben starren. Hier sitzen sie in langen Käfigreihen nebeneinander, also, die Tauben. „10. Ruhrgebietsmeister“, steht dran. Viertbester jähriger Vogel der RV (Reisevereinigung). Werner Brüggemann erklärt sie gern, diese Welt für sich, überaltert, aber jetzt wieder hoffend. Er sagt nur: China.
Die Hoffnungsträger haben einen großen Stand, „Pioneer (Beijing) International Pigeon Racing Club“ steht darauf, also eine Art 1. RV Peking. Die Eröffnungsfrage beweist, dass sie gut in Deutschland angekommen sind: „Wollen Sie ein Bier?“ Eine Million Familien seien als Taubenhalter gemeldet, sagt Def Lin.
„Völligere Vorbereitung“
Der Geschäftsführer der Firma „One Pigeon“ hat bereits Unterschiede erkannt: „In Europa steht das Hobby an erster Stelle und das Geschäft an zweiter, in China ist es umgekehrt.“ Heißt: Viele Chinesen wetten gern auf Tauben, und die Preisgelder sind unvergleichlich. Beim Wettbewerb „Eiserne Adler“ (wir reden immer noch von Tauben) etwa sind mehrere Millionen Euro ausgesetzt.
„Wir hoffen, dass durch die Freundschaft mit den Chinesen bei uns das Interesse wieder wächst“, sagt Michael Koch vom „Verband Deutscher Brieftaubenzüchter“. Wie das wird, kann man noch nicht sagen. Aber bei den Chinesen liest sich die Ankündigung der Taubenmesse „DBAsia“ so: „Hervorragendere Einsätze, völligere Vorbereitung, mehr Erfahrung, größere Ausmaße, höhere Beschaffenheit, mehr Aussteller, mehr Besucher.“ Ein älterer Herr tritt hinzu. Ein deutscher Züchter. Er kann nicht mehr. Ob die Chinesen seine Tauben kaufen, will er wissen.