Dortmund. Die Supermarkt-Regale sind randvoll mit Fertigprodukten. Wer frisch kochen möchte, findet die Zutaten dafür eigentlich nur noch an der Obst- und Gemüsetheke oder am Ladentisch für Fleisch. Aber was steckt alles in Fertiggerichten und was können die gesundheitlichen Folgen sein? Expertin Saskia Turrek klärt auf, wie krank unser Essen macht.
Wieso macht unser Essen krank - und vor allem was genau?
Saskia Turrek: Bei Lebensmittelzusätzen sieht Saskia Turrek rot. Die 31-jährige leitet die Abteilung Ernährungsmanagement am Klinikum Westfalen. Sie selbst berät Patienten im Knappschaftskrankenhaus Brackel, dem größten Haus im Klinikverbund. Über Arbeitsmangel kann sie sich nicht beklagen: Je mehr industriell gefertigte und vorbehandelte Lebensmittel in den Regalen der Supermärkte landen, desto höher die Rate diverser Unverträglichkeiten. Die können zu Bauchschmerzen, Durchfällen oder schlimmeren Symptomen führen.
Kinder lieben Wassereis und Joghurt. Doch was bewirken die darin enthaltenen Farbstoffe im Körper?
Saskia Turrek: Aktuell wird geforscht, ob diese Farbstoffe ADHS auslösen können, also das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, unter dem heute sehr viele Kinder leiden - aber nicht nur Kinder.
Ein anderer Zusatzstoff sind Aluminiumsalze. Was bewirken diese?
Saskia Turrek: Sie stehen unter Verdacht, Demenz zu begünstigen - durch dauerhafte Ablagerungen im Gehirn. Diese Salze finden sich nicht nur in Deodorants, wobei viele Hersteller schon reagiert haben und Deos ohne Aluminiumsalze anbieten, sondern auch in Schokolade und Gewürzen. Oder sie geraten über bestimmte Verpackungen von Fertiggerichten und Süßigkeiten in den menschlichen Körper.
Droht auch Gefahr durch Geschmacksverstärker wie Glutamat?
Saskia Turrek: Einige Menschen bekommen davon Kreislaufprobleme. Im Restaurant sollte man deshalb unbedingt auf die gesetzlich vorgeschriebene Zutaten-Kennzeichnung der Speisen achten und im Geschäft weder zu Produkten greifen, in denen Glutamat steckt noch Hefeextrakt. Das ist nämlich das gleiche.
Wie viele Zusatzstoffe in Lebensmitteln sind gesetzlich überhaupt erlaubt?
Saskia Turrek: 316. Und bei Bioprodukten immerhin noch 44. Dabei können drei Viertel der Konsumenten nichts anfangen mit den aufgedruckten Zutaten-Listen. Die Begriffe sind ihnen ein Buch mit sieben Siegeln - und die langen Listen lesen sich allzu oft wie die Bestandteile eines Chemiebaukastens.
Woran erkennt man die Stoffe, die Allergien auslösen können?
Saskia Turrek: Sie müssen auf der Verpackung dicker gedruckt sein als die anderen Zutaten.
Verpackte Lebensmittel im Handel müssen immer gekennzeichnet werden. Und unverpackte?
Saskia Turrek: Dort müssen folgende Zusatzstoffe angegeben werden: Geschmacksverstärker, Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Nitritpökelsalz, Nitrat, Antioxidationsmittel, Phosphat und Säuerungsmittel. Außerdem sind die Kennzeichnungen "enthält eine Phenylalaninquelle" (bezieht sich auf den Süßstoff Aspartam), "geschwefelt", "geschwärzt" (zum Beispiel Oliven) und "gewachst" vorgeschrieben.
Kann man in jedem Alter eine Lebensmittelallergie entwickeln?
Saskia Turrek: Ja. Eine über 80-jährige Patientin von Saskia Turrek war plötzlich von einer Lactose-Unverträglichkeit betroffen. Sie litt an Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen. Ihr ging es erst besser, als sie Milchprodukte wegließ. Sie musste dauerhaft ihre Ernährung umstellen.
Sind viele Menschen gleich doppelt oder gar dreifach belastet mit Unverträglichkeiten?
Saskia Turrek: Es kann passieren, dass sich auf eine Lactose-Unverträglichkeit eine Fructose-Intoleranz aufbaut und schließlich noch eine Gluten-Unverträglichkeit hinzukommt. Gluten ist der Eiweißkleber im Weizen, er kann Zöliakie auslösen, eine chronische Erkrankung des Dünndarms.
Wie kann man möglichst viele Zusatzstoffe vermeiden?
Saskia Turrek: Wann immer es geht, frisch und selber kochen. Ein selbst angerührtes Salatdressing ist kein Hexenwerk. Es geht einfach und schnell.