Dinslaken. Im Prozess um ein getötetes Kind aus Dinslaken ist das Urteil gesprochen worden. Chat-Nachrichten des Ehepaares zeichnen ein schlimmes Bild.

Sie haben grausam gehandelt, haben nichts unternommen, ihr Kind zu retten. Selbst als erkennbar war, dass ihre Tochter Erstickungsanfälle hatte, sie extrem geschwächt war. Sie hätten weiter gemacht, sie an einen Stuhl gefesselt und zwangsgefüttert. Deshalb sind die beiden 40-jährigen Dinslakener am Mittwoch wegen gemeinschaftlichen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Urteil und die Begründung des Richters verfolgten die beiden Angeklagten regungslos. Wie an vorherigen Verhandlungstagen wirkten sie auch an diesem siebten und letzten Prozesstag teilnahmslos.

Das Kind haben sie als Last empfunden

Spiegelt sich darin vielleicht die Beziehung, die sie zu ihrem Kind hatten? Zu dem kleinen Mädchen, das an Erbrochenem erstickt und dessen Leiche der Vater in Oberhausen im Rhein-Herne-Kanal entsorgt hatte. Was führte dazu, dass das Ehepaar Lea anders als die beiden anderen Kindern behandelte. Die Staatsanwältin schilderte in ihrem Plädoyer die Entwicklung so: Die Eltern haben das Mädchen, das 2019 geboren wurde, als Last empfunden, ihrer Meinung nach wäre ihr Leben besser nur mit zwei Kindern. Sie entwickelten einen Hass auf das eigene Kind. Und das führte zu den fragwürdigen „Erziehungsmethoden“, die schließlich zum Tod des Mädchens führten. Das griff auch der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung auf. Es kriselte in der Beziehung des Ehepaares. Der Angeklagte habe durch Lea, die die Eltern anderen gegenüber als schwierig beschrieben, seine Beziehung zu seiner Frau gefährdet gesehen.

Lea ist nicht am 1. Oktober gestorben

Bislang hieß es immer, Lea sei am 25. September in den Keller des Mehrfamilienhauses gebracht worden und sei am 1. Oktober verstorben. Für das Gericht steht aber als Todestag der 30. September fest. Das erkläre, warum der Angeklagte am Nachmittag dieses Tages in einem Discounter Hanteln, Ketten und Handschuhe kaufte. Sachen, die zum Verschnüren der Leiche verwendet worden sind.

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Chat-Nachrichten wurden vorgelesen

Vielmehr gehe man davon aus, dass sie zunächst in der Wohnung getrennt von den anderen beiden Kindern festgehalten wurde und fragwürdige „Erziehungsmethoden“ erdulden musste. Hier bezieht sich das Gericht auf Chat-Nachrichten des Ehepaares. Diese Nachrichten, die Staatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer einige vorgelesen, zeigen auch, welche Abneigung das Paar gegenüber dem Mädchen hatte. „Kaum schreibe ich es, schmeißt sich die Krücke wieder hin, wenn sie so weiter macht, schlage ich ihr den Schädel ein“, zitiert der Richter aus einer Nachricht des Vaters. Sie wurde als Trulla, als Krücke bezeichnet. Ein weiterer Beleg für die Unterbringung in der Wohnung: Er schrieb ihr, dass Lea den Mund nicht leer bekommen würde. Ihre Antwort: „Kleb zu und komm raus.“

Zustand des Kindes müssen die Eltern erkannt haben

Der vorsitzende Richter ist überzeugt, dass Lea am 27. September in den Keller gebracht worden ist. Der Grund: Handwerker hatten sich für den 28. und 29. September angesagt. Lea sei, so der Richter, zu diesem Zeitpunkt schon schwerst erkrankt gewesen. Sie sei geschwächt gewesen, habe schon mehrere Erstickungsanfälle gehabt, verbunden mit Todesangst. Obwohl die Eltern das erkannt haben müssen, verbrachten sie ihre Tochter in den Keller und ergriffen keine Maßnahmen, das Kind zu retten. Deshalb gehe das Gericht davon aus, dass das Ehepaar den Tod seiner Tochter billigend in Kauf genommen habe. Leas Tod sei nicht das Ziel gewesen, aber die Eltern hätten gewusst, dass es so enden kann, erklärte der Richter.

Dabei handelten die Eltern grausam, Lea habe einen schrecklichen Leidensweg gehabt, so der Richter. Das Ehepaar habe aus niedrigen Beweggründen gehandelt. Damit seien zwei Mordmerkmale belegt. Auch wenn das Merkmal der Heimtücke nicht belegt sei, gehe es hier um einen Mord, dem ein wehrloses Kind zum Opfer gefallen ist. Deshalb lautete das Urteil für beide: lebenslange Haft.

Die besondere Schwere der Schuld

Neben der Höchststrafe für Mord stellte die Strafkammer auch die besondere Schwere der Schuld fest. Das bedeutet, dass die Angeklagten nicht nach 15 Jahren Haft freikommen. Auch nicht, wenn ihnen eine positive Sozialprognose bescheinigt werde.

Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Die Angeklagten haben eine Woche Zeit, Revision gegen das Urteil einzulegen.

Weil sich das Ehepaar zu keinem Zeitpunkt der Verhandlung zu den Vorwürfen äußerte, bleibt einiges im Unklaren. Einige, die den Prozess verfolgten, stellten konsterniert fest, dass das Ehepaar bei der Urteilsverkündung überhaupt keine Regung zeigte. Unklar sei weiterhin, warum sich der Vater der Polizei gestellt habe. Vieles wisse man nicht, so hatte auch der Verteidiger der Mutter in seinem Plädoyer argumentiert. Nur eines steht fest: Dass die dreijährige Lea nicht mehr am Leben ist.