Als JVA-Beamtin trägt die 24-jährige Nina Wunschick im Meisenhof viel Verantwortung.Die junge, selbstbewusste Frau entscheidet mit über das Schicksal der Straftäter.

Sie entscheidet mit über das Schicksal der Straftäter. Offener Vollzug oder zurück in den Knast? Sie hat die Schlüssel zu den Türen, die für die Männer in Haus 7 der Justizvollzugsanstalt Meisenhof verschlossen bleiben. Sie trifft auf Kleinkriminelle, Betrüger, Vergewaltiger und manchmal auch auf Mörder. Als Mitarbeiterin im Allgemeinen Vollzugsdienst (AVD) im Zugangshaus hat Nina Wunschick viel Verantwortung, auch wenn sie gerade erst ihre Ausbildung beendet hat. Ins Haus 7 kommen Straftäter aus anderen Gefängnissen oder die, die ihre Strafe antreten. Das Zugangshaus ist der einzige Bereich in der sonst offenen Vollzugsanstalt, der komplett abgeschlossen und videoüberwacht ist. „Wir prüfen hier oben, ob die Inhaftierten für den offenen Vollzug geeignet sind“, erklärt Nina Wunschick.

Wir sitzen im Konferenzraum, nur wenige Meter von der geschlossenen Abteilung entfernt. Hier wird sonst in großer Runde, mit Bereichsleitern, Psychologen und den JVA-Beamten besprochen, was mit den einzelnen Häftlingen passiert. Bis zur Entscheidung recherchiert Nina Wunschick. Sie liest Akten, überprüft, ob es noch offene Verfahren gibt, spricht mit Bewährungshelfern und Staatsanwälten. Ist jemand nicht für den offenen Vollzug geeignet, „passiert es, dass er noch am gleichen Tag zurück in den geschlossenen Vollzug kommt“.

Nina Wunschick ist eine attraktive Frau, hat ein selbstbewusstes Auftreten. Das braucht sie in diesem Job auch. Nicht selten muss sie sich Sprüche anhören, vor allem von ausländischen Inhaftierten, die sich aus kulturellen Gründen nicht gerne etwas von Frauen sagen lassen. „Manche wollen mir sagen, was ich zu tun oder zu lassen habe. Dann werde ich auch mal sehr deutlich“, sagt die 24-Jährige. Man nimmt es ihr sofort ab. Wenn sie morgens um sechs Uhr im Frühdienst durch den abgeschlossenen Trakt geht, die Häftlinge zählt und schaut, ob sie noch leben, oder wenn sie am Vormittag neue Männer im Zugangshaus aufnimmt, dann herrscht dort oft ein sehr direkter Ton. „Einige der jüngeren Inhaftierten benehmen sich manchmal schon daneben. Denen muss man die Grenzen aufzeigen.“

Trotzdem, so sagt sie, ist es für sie der beste Job, den sie sich vorstellen kann. In Marl machte sie 2009 Abitur, und nach abgebrochenem Lehramtsstudium wurde ihr schnell klar: Beruflich muss es etwas bei der Polizei oder der Justiz sein. „Mein Opa war Chef bei der Feuerwehr und mein Onkel arbeitet auch dort“, erzählt sie. Die Familie hat sie immer unterstützt. Es gefällt ihr, dass nicht jeder Tag gleich aussieht, man nicht nur im Büro sitzt, „es kann immer etwas anderes passieren“. Insassen müssen mit dem GTW, dem Gefangenentransportwagen, ins Krankenhaus gebracht oder in eine andere Vollzugsanstalt gefahren werden. Auch das gehört zur Arbeit von Nina Wunschick. Der Arbeitsalltag der jungen Frau unterscheidet sich fast nicht von dem der männlichen Kollegen. Aber eben nur fast. „Die Urin-Kontrolle an der Pforte, wenn die Häftlinge wieder zurückkommen, die können wir nicht übernehmen, auch das Abtasten müssen wir den Kollegen überlassen.“ Da können sie ihr keine Arbeit abnehmen. Abgesehen davon ist es Normalität, dass immer mehr Frauen in Gefängnissen arbeiten, auch in Castrop-Rauxel. „Wir freuen uns, dass wir im Laufe der Jahre immer mehr Frauen dazu bekommen haben“, sagt eine Kollegin, die schon viele Jahre in der JVA Meisenhof arbeitet. Wilfried Horn, Bereichsleiter im Zugangshaus, erzählt: „Ich bin schon vor 30 Jahren von Studenten der Sozialwissenschaften gefragt worden, ob wir in der JVA auch gerne weiblichen Kolleginnen wollen.“ Was er geantwortet hat? „Klar, das fände ich gut.“ Und auch 30 Jahre später ist er froh, dass sich immer mehr Frauen für den Allgemeinen Vollzugsdienst entscheiden.