Castrop-Rauxel..



Das Evangelische Krankenhaus an der Grutholzallee setzt bundesweit als erste Klinik Schrittmacher gegen Sodbrennen ein.

Jeder zehnte Erwachsene ist von quälendem Sodbrennen betroffen. Ihnen wird schon der Gedanke an leckeres Essen und Trinken vergällt. Ein bundesweit bislang einzigartiges Operations-Verfahren gegen das üble Leiden bietet ab sofort das Evangelische Krankenhaus unter Chef-Chirurg Dr. Henning G. Schulz an.

Als erste Klinik in Deutschland setzt das EvK an der Grutholzallee einen Schrittmacher ein, der übles Sodbrennen oder auch Reflux vertreibt. „EndoStim“ ist der Name des neuen Therapie-Verfahrens, das in diesen Fällen Abhilfe verspricht. „Sodbrennen“, so Dr. Schulz, „ist mittlerweile eine Volkskrankheit geworden.“

Selbstregeneration des Körpers

Als erster Mediziner in Deutschland hat der 49Jährige vorgestern einen solchen Schrittmacher am EvK eingepflanzt. „Aus meiner Sicht ist dieses System eine echte Sensation, da es die Selbstregeneration des Körpers ermöglicht“, sagt der Chirurg, der über eine enorme Erfahrung bei Speiseröhrenerkrankungen verfügt. Seit Jahren ist das EvK ein anerkanntes Heilzentrum für entsprechend diagnostizierte Erkrankungen.

Vom Dr.-Scholz-Team lassen sich Menschen aus ganz Deutschland und den umliegenden Ländern behandeln. Seit Beginn der 90er Jahre beschäftigt sich der Chirurg mit diesem Thema - leidenschaftlich. „Speiseröhrenerkrankungen, speziell Sodbrennen, das sind Dinge, die mich immer brennend interessiert haben.“ Klar, dass man dann besonders hellhörig wird, wenn es neue Verfahren der Behandlung gibt, so wie jetzt mit der „EndoStim“-Therapie, sagt Dr. Schulz, einer der erfahrensten Speiseröhren-Chirurgen Deutschlands.

Rückfluss der sauren Magensäfte

Seine Patienten haben kein gelegentlich auftretendes Brenngefühl im Hals, ihr Leidensweg ist weitaus heftiger. „Vielen läuft beim Bücken, beim Schnürsenkelbinden die ätzende Magensäure aus dem Hals.“ Wieder andere erleiden wegen der Reizungen ständige Halsentzündungen oder bekommen gar Asthma. Der Grund: Der Muskel, der für den unangenehmen Rückfluss der sauren Magensäfte verantwortlich ist, hat keine Kraft mehr.

Hier hilft nun der Schrittmacher, der in der Bauchdecke unter der Haut implantiert wird. Seine elektrischen, pulsartigen Impulse stimulieren den Muskel und sorgen so für seine Kräftigung. Dr. Schulz: „Der Schließmuskel geht in ein Fitnesstraining.“ In der Folge nimmt die Kraft zu, neue Muskelmasse kann sich bilden.

90 Prozent der so Behandelten, dies zeigen Studien aus dem Ausland, konnten nach dem Eingriff ihre säurehemmenden Medikamente absetzen. Ganz wichtig: Die normale Schluckfunktion wird durch den Schrittmacher nicht beeinträchtigt. Dr. Henning G. Schulz: „Die Speiseröhre ist nach wie vor der Chef im Ring.“

Rund 40 Minuten benötigt EvK-Chef-Chirurg Dr. Henning G. Schulz, um den Schrittmacher minimalinvasiv einzusetzen. Der Vorteil gegenüber der Standardoperation, die weiterhin durchgeführt wird und bei der eine Art Manschette um die Speiseröhre gelegt wird, ist nicht nur eine kürzere OP-Dauer. Die Operation ist vor allem ziemlich blutarm. Das heißt, der Patient hat ein relativ geringes OP-Trauma, da keine größere Wundfläche entsteht.

Mit der in Deutschland nun am vorgestrigen Donnerstag erstmalig angewandten „EndoStim“-Therapie hat sich das Spektrum der operativen Methoden erweitert. Dr. Schulz: „Die Patienten werden sehr schnell wieder fit.“ So gibt es einen Sofort-Effekt bereits nach einem Monat.

Der Schrittmacher - zwei feine Elektroden werden in dem Schließmuskel zwischen Speiseröhre und Mageneingang eingesetzt - sendet mit 500 Milliampere 30 Minuten lang, anschließend wird 90 Minuten lang pausiert. Die Batterie, die den Schrittmacher antreibt, muss nur alle zehn Jahre ersetzt werden - durch einen leichten, zehnminütigen ebenfalls minimalinvasiven Eingriff. Dr. Schulz nennt den Impulsgeber „einen Schrittmacher fürs Leben“. Dies ist in der Tat der Fall, denn der Muskel benötigt eine lebenslange Unterstützung.

Im Moment zahlt die Krankenkasse den Eingriff noch nicht, entsprechende Anträge an die Kassen laufen, bestätigt Oliver Esch, Ärztlicher Direktor von „EndoStim“ (Niederlande/USA), einem Medizin-Technik-Unternehmen. In den Niederlanden habe man bereits über zwei Jahre klinische Erfahrungen mit dem ca. 5x6x0,9 Zentimeter großen Gerät gesammelt, „mit sehr guten Erfolgsquoten“.

Im Schnitt kostet eine Reflux-Standard-OP rund 4000 Euro, der Schrittmacher schlägt mit zusätzlichen rund 7000 Euro zu Buche. Mit den Kassen gelte es nun die finanziellen Aufwendungen abzuklären: lebenslange Medikamentenkosten versus Einmaleingriff.