Jedes dritte Kind in Deutschland wird per Kaiserschnitt geboren. In manchen Regionen sogar jedes zweite. In Recklinghausen erblicken 37,41 Prozent der Neugeborenen auf diesem Weg das Licht der Welt. Das gab die Bertelsmann-Stiftung bekannt, die Daten des Statistischen Bundesamtes sowie Versichertendaten aus den Jahren 2007 bis 2010 ausgewertet hat. Dass die Rate der planbaren Geburten in den unterschiedlichen Regionen so schwankt, liege an der „unterschiedlichen Risikobewertungen der Geburtshelfer“, sagt Jasmin Schierenberg von der Krankenkasse DAK.
Auch im St. Rochus-Hospital ist der Trend zu mehr Kaiserschnitten zu spüren. Dort lag die Zahl der Sectios im vergangenen Jahr allerdings knapp unter 30 Prozent. Insgesamt kamen im St. Rochus im letzten Jahr 617 Kinder auf die Welt. „Die Diagnostik wird immer aufwändiger und besser. Dadurch können wir eventuelle Risiken zwar viel besser einschätzen, aber auf der anderen Seite werden die Eltern auch unsicherer“, sagt Dr. Michael Glaßmeyer, Chefarzt der Gynäkologie im St. Rochus. Die Zahl der sogenannten Wunschkaiserschnitte, wonach Eltern sich ein bestimmtes Geburtsdatum aussuchen, sei geringer als viele denken. „Da gibt es vielleicht zwei im Jahr, die danach fragen“, sagt Glaßmeyer. An erster Stelle stehe die Unsicherheit und Angst der Mutter.
Das sieht auch Hebamme Elisabeth Pflichta aus dem Evangelischen Krankenhaus so, die seit 13 Jahren Kinder auf die Welt holt. „Die Zahl der Kaiserschnitte steigt, weil die Frauen Angst vor den Schmerzen bei einer normalen Geburt haben.“ Vor allem die Erstgebärenden seien unsicher. „Aber auch die Frauen, die beim ersten Kind schon eine Sectio hatten, bei der alles glatt lief, entscheiden sich beim zweiten Mal für das gleiche Verfahren.“ Und genau an dieser Stelle wünschen sich Hebammen und Krankenkassen mehr Aufklärung.
„Ein Kaiserschnitt ist eine Operation mit den üblichen Risiken wie Narkoseprobleme, Infektionen und Thrombosen“, sagt Jasmin Schierenberg. „Diesen Aspekt sollten werdende Eltern auch berücksichtigen.“ Während man nach einer natürlichen Geburt schon kurz darauf das Krankenhaus wieder verlassen kann – vorausgesetzt, es sind keine Komplikationen aufgetreten – muss man nach einem Kaiserschnitt mindestens drei bis fünf Tage auf der Station bleiben.
„Natürlich ist es unser Wunsch, die Mütter von einer natürlichen Geburt zu überzeugen, aber überreden sollte man niemanden“, sagt Elisabeth Pflichta. Um sich zu informieren und eventuelle Ängste auszuräumen, empfiehlt sie, an einem Geburtsvorbereitungskursus teilzunehmen. Ihre Erfahrungen zeigen, dass die Mütter, die einen solchen Kursus belegt haben, sich meistens auch für eine natürliche Geburt entscheiden.