Castrop-Rauxel. . Mitglieder der muslimischen Gemeinde in Deininghausen luden Nicht-Muslime zum traditionellen Fastenbrechen „Iftar“ ein.

Donnerstagabend, zwanzig Uhr am Bärenplatz in Deininghausen. Während die Sonne ihre letzten, wärmenden Strahlen auf die Erde wirft, beginnt für die Frauen der türkischen Gemeinde der Endspurt. Teller klappern, Besteckt klirrt und die mitgebrachten Speisen duften bereits herrlich, als sie im Stadtteilbüro „Dein Haus“ die letzten Vorbereitungen für das Fastenbrechen, „Iftar“, treffen. Meistens begehen sie das Iftar im Kreise der Familie, doch drei Tage vor Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan haben sie auch Bekannte und Nachbarn dazu eingeladen, diese Tradition kennenzulernen.

„So langsam bekomme ich Appetit“, sagt eine der Frauen und fragt ihre Freundin: „Sonnenuntergang ist heute um 20.51 Uhr, oder?“ „Nein, erst um 20.58 Uhr“, bekommt sie zur Antwort. Zur Sicherheit befragen die beiden nochmal fix eine Smartphone-App. „Gut, dass es den Mondkalender mittlerweile auch schon für unterwegs gibt“, finden sie, „so kann man immer schnell nachschauen, wann das Fasten jeden Tag beginnt und endet.“

Ramadan begann am 20. Juli

Bereits seit dem 20. Juli begehen zahlreiche Türkinnen und Türken den Ramadan. Von Sonnenauf- bis –untergang dürfen sie weder Speisen und Getränke noch andere Genussmittel in den Mund nehmen. „Gegessen wird frühmorgens und spätabends“, erklärt Merve Arslan. Die 19-Jährige Auszubildende fastet mit Unterbrechungen. „Ich habe die erste Woche lang gefastet, weil ich da noch Ferien hatte und mache an den Wochenenden mit.“ Während ihrer Ausbildung, die sie Anfang des Monats begonnen hat, sei das Fasten zu anstrengend. „Niemand wird geächtet, wenn er oder sie nicht fastet“, erklärt sie und betont: „das Fasten ist schließlich keine Strafe Gottes. Er will uns damit nicht quälen, sondern wir sollen uns in die Lage armer, hungernder Menschen versetzen. Auf diese Weise lernen wir das, was wir haben, zu schätzen.“

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Man muss nicht fasten

Wer jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage zum Verzicht sei, müsse nicht mit fasten. „Kinder, Alte und Kranke fasten ebenso wenig wie schwangere Frauen oder solche, die ihre Periode haben“, stellt sie fest. Das sei einfach so. Doch wie halten diejenigen, die beinahe den ganzen Tag weder essen noch trinken, das aus? „Das ist ganz einfach“, weiß Arslan Sütcüoglu. Das Fasten habe nicht nur mit Verzicht, sondern auch mit dem Glauben zu tun, erklärt er und fügt hinzu: „Die ersten ein, zwei Tage lang vermisse ich die Zigarette und den Kaffee am Morgen meist noch, doch das legt sich bald. Mit Gottes Hilfe spüre ich Hunger und Durst während des Tages kaum.“ Abends, kurz vor dem Fastenbrechen, mache sich dann aber doch täglich aufs Neue die Vorfreude auf Speis und Trank breit. „Ich freue mich dann richtig auf ein Glas Wasser und ein Stück Brot“, erklärt Sütcüoglu.

Gemeinsames Gebet

Pünktlich um zwei vor neun ist es am Donnerstagabend so weit. Die Fastenden und ihre Gäste versammeln sich im Stadtteilbüro und beten gemeinsam. Anschließend gibt es Datteln, Suppe, Brot und Wasser. „Das ist die Grundlage für jedes Iftar“, erklärt Merve Arslan. „Der Hauptgang variiert immer. Heute gibt es ein tolles, großes Buffet, weil jeder etwas mitgebracht hat.“ „Wenn man so lange nichts gegessen hat, schmeckt es noch besser als sonst“, sagt ein junger Mann. „Uns schmeckt es auch ohne das vorherige Fasten ausgezeichnet“, fügen einige nicht-muslimische Besucher hinzu.

Karin Ludwig, Erste Vorsitzende des Dein-Treffpunkt e.V. Deininghausen, und ihre Freunde sind begeistert von der Möglichkeit, einmal die Traditionen ihrer türkischen Mitbürger kennenlernen zu können. Solvejg Zajaczkowski erzählt: „Viele der Gerichte habe ich schon unzählige Male versucht, nachzukochen, doch im Original schmecken sie immer noch am allerbesten.“

Zur Erläuterung: „Iftar“ und „Sahur“

Das traditionelle Fastenbrechen am Abend eines jeden Fastentages während des 30-tägigen Ramadan wird als „Iftar“ bezeichnet. Das Speisen und Trinken zwischen Sonnenuntergang am einen und Sonnenaufgang am anderen Fastentag heißt „Sahur“. Da sich der Ramadan nach dem Mondkalender richtet, findet er jedes Jahr an einem anderen Datum statt.

Dem letzten Tag der Fastenzeit , dem 19. August, schließt sich das Fest des Fastenbrechens (türkisch: Ramazan Bayrami), auch als Zuckerfest (türkisch: Şeker Bayramı), an. Während des dreitägigen Festes wird in der Moschee und auf dem Friedhof gebetet, und es werden gemeinsame Mahlzeiten mit Angehörigen und guten Freunden eingenommen.