Castrop-Rauxel. . Den Bauern reicht’s langsam: „Die Ernte wird niedriger ausfallen“, ist sich nicht nur Lars Dickhöfer vom Hof Sander sicher.
Dem westfälischen Bauern wird ja nachgesagt, ihm sei direkt nach der Geburt ein Ziegelstein auf die Brust gelegt worden, damit er das Jammern übe. Eine spannende Frage ist deshalb, was der Landwirt derzeit vorzubringen hat. Wo doch alle Menschen jammern: über das Wetter.
Es schüttet und schüttet, nur heute soll der Regen mal etwas innehalten. Zu wenig Sonne beklagen nicht nur alle, die jetzt Sommerferien haben. Auch den Bauern reicht’s langsam: „Die Ernte wird niedriger ausfallen“, ist sich Lars Dickhöfer vom Hof Sander sicher. Im Blickfeld hat er hier allerdings die Kürbisernte, eher ein Spezialgebiet in der Agrarwirtschaft. Die Riesenfrüchte würden von der Feuchtigkeit faul und seien dann nicht mehr zu gebrauchen, erläutert Dickhöfer. Schon die Spargelsaison, seit dem 24. Juni beendet, sei nicht optimal gelaufen, und beim Mais sei jetzt schon klar, dass die Pflanzen und die Körner von der Größe her viel zu klein ausfielen. Zu wenig Wärme und Licht, lautet hier das Fazit, sorgt für geringeres Wachstum.
Ähren senken sich vorlauter Nässe zu Boden
Auch die Wintergerste bereitet Kopfschmerzen. Eigentlich sei sie reif, doch weil viel zu nass, könne sie nicht geerntet werden. Und dann geben die Ähren irgendwann nach, senken sich zu Boden und treiben wieder aus. Das senkt die Ausbeute und dementsprechend den Gewinn.
Noch ein Problem sieht Dickhöfer auf die Landwirte zukommen: Das Fenster für gutes Wetter könnte immer kleiner werden, und am Ende stehe alles gleichzeitig zur Ernte an, Gerste, Triticale und Weizen: „Das können unsere Lohnunternehmer mit ihren Mähdreschern dann natürlich nicht bewältigen“, befürchtet Dickhöfer.
Das nasse Wetter hat bei der Gersten-Einfuhr gleich zwei Haken: Das Getreide ist zu nass und müsste mit erheblichem Energieaufwand und für teures Geld getrocknet werden. Und: „Die Bauern kommen mit ihren Traktoren kaum auf die Felder, so durchnässt ist der Boden“, stellt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes, Friedrich Steinmann, fest.
„Weltuntergangsstimmung“, wie er sagt, will er aber nicht verbreiten. Die Landwirtschaft liege „nicht total am Boden“. Aber: Die Sonne müsse her, das hofft auch der Kirchhellener. 40 Liter Regenwasser pro Quadratmeter habe es in zwei Tagen gegeben, auf die sowieso schon matschigen Felder. Entsprechend lange müsse die erhoffte Schönewetterperiode ausfallen, damit Getreide und Ackerflächen auch richtig durchtrocknen können.
Besonders hart getroffen habe das miese Wetter, das zuerst mit Nachtfrösten im Frühjahr zuschlug, die Erdbeerbauern. Die Ernte sei bis zu 50 Prozent niedriger ausgefallen. „Auf manchen Feldern sind die noch grünen Früchte am Strauch verfault, das ist schon außergewöhnlich“, bilanziert Steinmann.
Aber gibt es denn gar nicht Gutes zu berichten von Ackerbau und Viehzucht? Doch! „Der Weizen profitiert vom reichlichen Wasser. Der könnte dieses Jahr eine schöne Korngröße erreichen“, hofft Steinmann. Und die Kartoffeln: „Die bestehen ja zum Großteil aus Wasser. Da kann Regen nicht schaden.“ Aber auch hier dunkle Wolken im doppelten Sinne: Frühkartoffeln, die zurzeit nach Tagesbedarf geerntet werden, reiften teilweise auf Flächen, die gar nicht befahrbar sind.
Stillstand derzeit auch bei den Bienen. Die fleißigen Flieger machen Sommerpause. Die Völker kommen kaum vor die Tür, weil’s ständig kräftige Duschen von oben gibt. Kein Arbeitswetter für die Honig- und Pollensammler. Und keine Ausbeute für die Imker. Die Blüten sind zudem verregnet, die Bienen bleiben in ihren Beuten und zehren vom Honig, den die Imker lieber selbst ernten würden. Die 74 Imker im Castrop-Rauxeler Verein und tausende von Bienen sehnen sich nach besserem Wetter. Handfeste Schwierigkeiten haben sie aber nicht, wie ihr Vorsitzender Wilhelm Erdmann erfahren hat. Milben und Pilze setzten den Völkern nicht mehr zu als in trockenen Sommern. „Viel größere Probleme bereiten uns die wachsenden versiegelten Flächen, beispielsweise von Aldi, Lidl und den Baumärkten“, kritisiert Erdmann. Auch die Vorgärten vor den Wohnhäusern werden immer mehr zugepflastert, was soll denn da noch blühen?“ ärgert sich der Hobby-Imker. Kein Grün, keine Blüten, keine Ausbeute für Bienen, lautet seine Erkenntnis.
Schlechte Stimmungauf den Wochenmärkten
Man sieht also: Irgendwie hängt mal wieder alles zusammen. Und wenn die Bienen nicht glücklich sind und die Landwirte, wie soll es dann der Rest der Welt sein?
Landwirt Lars Dickhöfer jedenfalls bemerkt dazu: „Auf dem Wochenmarkt sieht man den Kunden deutlich die schlechte Laune an.“ Oh Sonne, komm bloß bald wieder!