Castrop-Rauxel. .

Kategorische Ablehnung – sorgenvolle Skepsis – verhaltene Zustimmung – klare Befürwortung: Das Thema Sekundarschule bewegt die Grundschuleltern. Denn für sie stellt sich die Frage: „Auf welche Schulform kann ich mein Kind künftig schicken?“

Nicht alles, was neu sei, müsse auch gleich schlecht sein, sagt eine Mutter aus Castrop. Ihr Sohn besucht die dritte Klasse der Marktschule in Ickern. Die 41-Jährige hat sich intensiv mit dem neuen Modell beschäftigt – und: Sie befürwortet die Gründung einer Sekundarschule. „Ich finde das längere gemeinsame Lernen und die individuelle Förderung toll“, begründet die Castrop-Rauxelerin.

Vorteile überwiegen

Für sie überwiegen die Vorteile: „Die Kinder haben deutlich bessere Chancen, da ihr Lerntempo, ihre Stärken und Schwächen berücksichtigt werden.“ Manche Schüler seien nun mal Spätzündern, sie brauchen mehr Zeit. „Der Druck ist somit nicht so groß“, sagt die 41-Jährige und ergänzt: „Ich finde es auch klasse, dass die Kinder drei Sprachen lernen können, dass es kein Abschulen gibt, und dass sie die Möglichkeit haben, Abitur zu machen, ohne dafür Klinken putzen zu müssen, so wie es bei den Hauptschülern oft der Fall ist.“ Ein weiterer Vorteil: die Größe der Schule. „Die Lehrer haben einen ganz anderen Blick auf die Kinder.“

Ihr Sohn, so fährt sie fort, wisse sie in einer Sekundarschule somit gut aufgehoben. „Ich würde eine Entscheidung für das neue Modell begrüßen – und viele andere auch“, betont sie. „Aber die meisten trauen sich nicht, dies zu äußern.“ Positive Rückmeldungen seien nur selten zu hören, kritische Stimmen hingegen sehr oft.

Bestehende Vorbehalte, die Hauptschüler könnten in der neuen Schule das Niveau senken, kann sie nicht nachvollziehen. Sie argumentiert dagegen: „Die Kinder können doch von einander profitieren“, betont sie, „der gute Schüler hilft dem schwächeren.“

Derartige Sorgen der Eltern, die Leistungen des eigenen Kindes könnten abfallen, seien ganz natürlich, so Nicola Brand-Distelhoff. Die Mutter von zwei Kindern – einem Erst- und einem Drittklässler – ist allerdings nicht kategorisch gegen das neue Modell. „Man muss sich natürlich Gedanken um die zukünftige Schullandschaft machen.“ Aber fundiert, ergänzt sie, „es müssen erst mal Grundlagen geschaffen werden.“

Die Sekundarschule sei gewiss „nachdenkenswert“, aber noch nicht ausgereift. „Meine Befürchtung ist, dass das Konzept in der Praxis nicht funktioniert, und dass dort ein großes Experimentierfeld geschaffen wird.“ Wer gebe seine Kinder dafür schon gerne her? Zudem stehe sie auf dem Standpunkt, dass sowohl die Realschule als auch die Hauptschule gute Arbeit leisten. „Deshalb darf man sie nicht auslöschen, man muss eine Wahlmöglichkeit erhalten.“

Grundsätzlich, sagt auch Markus Meissner aus Frohlinde, „bin ich der Meinung, dass am Schulsystem etwas getan werden muss.“ Meissner ist Vater von zwei Kindern, eines besucht das Adalbert-Stifter-Gymnasium, eines geht in die zweite Klasse der Lindenschule. Mit dem neuen Modell sei ein richtiger Weg beschritten. Aber: „Ich denke, dass die Sekundarschule eher im ländlichen Raum, nicht im städtischen Raum seine Berechtigung hat.“

Sachliche Diskussionen

Ihn störe der Klassenfrequenzrichtwert von 25. „Ich habe da das Gefühl, dass die Sekundarschule bevorzugt wird und die anderen Schulen benachteiligt werden.“ Auch da sehe er keine Berechtigung. „Und warum soll ich mein Kind auf die Sekundarschule schicken, wenn es an der Gesamtschule ohne Schulwechsel Abitur machen kann?“

Diese und weitere Fragen haben die Eltern in Frohlinde bereits kontrovers diskutiert. Meissner: „Es wurde allerdings nicht gewertet, es herrschte schon eine gewisse Offenheit dem neuen Modell gegenüber.“

Ähnliches berichtet Ulrike Teichmann, Leitung der Cottenburgschule auf Schwerin. „Die Eltern haben sehr sachlich diskutiert“, erklärt die Lehrerin. „Sie fanden den Ansatz gut, haben das Thema wohlwollend aufgenommen, sie haben aber gezweifelt, ob sich das alles so umsetzen lässt.“

Skepsis und Zustimmung

Von deutlich größerer Skepsis, aber auch von Zustimmung berichtet Mechthild Nuhnen, Leiterin der Grundschule Alter Garten in Henrichenburg: „Die Eltern der dritten Klasse waren eher dagegen, die der zweiten Klassen schon aufgeschlossener.“ Vielleicht, so vermutet sie, weil es für die einen schon relevant, für die anderen noch etwas weiter weg ist. „Die, die ihr Kind zur Haupt- oder Gesamtschule schicken wollen, waren offen für ein neues Modell.“ Skeptisch bis ablehnend hingegen: Eltern, die bereits ein Kind auf der Realschule haben. Sie äußerten die Sorge, ihre Tochter, ihr Sohn würde sich verschlechtern. Eltern, die erstmals ein Kind zur Realschule schicken wollen, seien dieser Argumentation gefolgt.