Castrop-Rauxel. . Immer wieder werden Wasserschildkröte in den Gewässern der Stadt gesichtet – ausgesetzte Tiere, die ihren Haltern lästig wurden. Dabei schaden die Reptilien der heimischen Natur.
Auf den ersten Blick wirkt es fast idyllisch, wie sie da am Ufer liegt. Sie streckt genüsslich ihre Beine von sich und lässt sich die Sonne auf den Panzer scheinen. Doch eine Wasserschildkröte gehört einfach nicht in den Grutholz-Teich, da ist sich die Leserin sicher, die sich hilfesuchend an diese Zeitung wandte. Beim Spaziergang mit einer Freundin entdeckte die Anruferin eine Wasserschildkröte in dem Gewässer und ist seitdem besorgt. „Kann die denn da überleben“, fragt sie sich. Und: „Muss man da nicht eingreifen?“
Muss man nicht, man sollte es sogar auf keinen Fall, sagt Gewässerwart August Wundrok. Denn nähert man sich den Tieren, würden diese in aller Regel blitzschnell die Flucht ins Wasser ergreifen. Zudem träte man unweigerlich die Bepflanzung der Uferzone platt – für den Gewässerwart ein mindestens ebenso großer Schaden, wie der, den die Reptilien anrichten.
Die Wasserschildkröten – von ihren ehemaligen Haltern ausgesetzt, wie Wundrok vermutet – entwickelten sich an manchem der Gewässer im Stadtgebiet schon fast zur Plage, hat der amtliche Fischerei-Aufseher beobachtet. Im Grutholzteich lebten derzeit wohl mehr als eine, im Goldschmieding-Teich auch, im Gewässer an der Rennbahn waren es schonmal weit über 20, berichtet Wundrok. Dabei tun die Reptilien der heimischen Flora und Fauna nicht gut – im Gegenteil. „Die fressen alles weg: den Laich von Kröten, Fröschen und Salamandern“, sagt August Wundrok.
Das haben wohl auch etliche Besitzer der bepanzerten Tiere festgestellt. Waren die Schildkröten zu groß geworden fürs Aquarium, versuchte mancher, die Reptilien im Gartenteich zu halten. „Aber dann waren da schnell keine Pflanzen mehr im Teich“, so Wundrok. Zu groß war der Appetit der Wasserschildkröten auf das Grün. Also waren die Tiere nicht nur überflüssig, sondern auch lästig und mussten weg – einfach entsorgt im nächst gelegenen Teich.
Bei ihren Aufräumaktionen an den Gewässern im Stadtgebiet haben die Mitglieder des Angel- und Gewässerschutzvereins DoCas-Blinker, dem August Wundrok vorsitzt, schon mehrfach Wasserschildkröten herausgefischt – allerdings nicht immer lebendig. Wer der Winter-Witterung aber widerstanden hatte, dem konnten die DoCas-Blinker jedoch zumeist helfen. „Bislang haben wir die Tiere immer in gute Hände vermitteln können“, sagt der Gewässerwart.
Reptilien gehören nicht hierhin
Doch das ist gar nicht so einfach, weiß die Vorsitzende des Tierschutzvereins Castrop-Rauxel, Roswitha Heise, nur zu gut. Denn Wasserschildkröten sind durchaus anspruchsvoll in der Haltung. „Die Tiere wachsen unheimlich schnell und werden schnell zu groß für die Haltung im Aquarium“, sagt Heise. Die Reptilien gehörten aber genauso wenig etwa einfach in eine Plastikwanne. Und die Haltung im Gartenteich sei nur im Sommer ideal, da die Wasserschildkrötenarten, die hier gehandelt werden, zumeist aus wärmeren Gebieten wie Florida oder Mexiko stammen. Im Winter müsse eine andere Unterbringungsmöglichkeit gefunden werden, um die Tiere vor dem sicheren Kältetod zu bewahren.
Manche hier freilebenden Wasserschildkröten haben sich zwar an die Temperaturen angepasst. „Aber“, sagt die Tierschützerin, „die Wasserschildkröten leben dann oft mit Wehwehchen, die vielfach unerkannt bleiben und die Tiere unbehandelt unnötig krank werden lassen.“ Aus Sicht der Vorsitzenden des Tierschutzvereins müsste die Haltung von Wasserschildkröten verboten werden, man werde den Tieren und ihren Ansprüchen nur schwer gerecht. Dass viele mit der Haltung überfordert seien, belege auch die Tatsache, dass Auffangstationen, die sich auf diese Tierart spezialisiert haben, längst überfüllt seien. „Diese Tiere gehören hier einfach nicht hin“, betont Heise.
Zu der im Grutholzteich gesichteten Wasserschildkröte sagt Roswitha Heise: „Da kann man nichts machen.“ Mehr noch, sie rät vom Einfangen dringend ab: „Das wäre der sichere Tod des Tieres.“
Hilfe für Wasserschildkröten
Im Castrop-Rauxeler Tierheim wartet derzeit eine Rotwangen-Schmuckschildkröte auf neue Halter. Kontakt: 12 887.
Eine Auffangstation für Schildkröten aller Art, die auch Fachvorträge und Überwinterung der Tiere anbietet, gibt es in Dorsten. Informationen auf
www.schildiauffangstation.de