Castrop-Rauxel. .

Bei Opel in Bochum geht es um den Standort. Im Kampf um den Erhalt steht der Castrop-Rauxeler Murat Yaman an vorderster Front.

Er ist durch und durch ein Opelaner, gebürtiger Castrop-Rauxeler und die rechte Hand von Opel-Bochum-Betriebsrat Rainer Einenkel: Der 34-jährige Murat Yaman ist seit März stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und sieht sich zusammen mit den rund 3350 aktiven Werksmitarbeitern in vorderster Front beim Kampf um den Erhalt des Standorts Bochum.

Es ist sein ganzes Herz, das am Werk hängt, dem Werk, in dem er seit 1995 ununterbrochen beschäftigt ist, als Lehrling der Zerspanungstechnik begonnen hat und jetzt als Mitarbeitervertreter den vollen Einsatz für die Kollegen zeigt. „Ganz ehrlich, es sind 150 Prozent, die ich da bringe“, sagt der ehemalige Kicker von Eintracht Ickern, der jetzt noch aktiv die dortige F-Jugend trainiert – auch wenn „mittlerweile kaum noch Zeit dafür bleibt“.

Denn längst dringt die Arbeit in alle Bereiche seines Privatlebens ein, das denn auch so gut wie nicht mehr stattfindet. „Man kommt eben sehr spät von der Arbeit nach Hause und fährt trotzdem sofort den Rechner hoch, um zu gucken, was denn nun schon wieder los ist.“

Belegschaftssitzung am Montag

Und es ist eigentlich immer was los. Jetzt, da die Wolken immer dunkler über Bochum werden, eine mögliche Werkschließung anstehen könnte. Doch Murat Yaman und seine Kollegen geben sich äußerst kämpferisch. Mehrfach wurde Opel Bochum in der Vergangenheit bereits von einer Schließung bedroht. Allein Betriebsratschef Rainer Einenkel hat in den letzten Jahren sechs Schließungspläne erhalten, die alle noch in seiner Schublade schlummern.

So soll es auch diesmal wieder kommen. Yaman: „Auch zukünftig gilt: Eine Schließung von Bochum werden wir niemals akzeptieren oder sozialverträglich gestalten.“ Im übrigen würde eine solche Schließung für General Motors und Opel die teuerste Werksschließung aller Zeiten werden.

Yaman, der seit zehn Jahren im Betriebsratsgeschäft unterwegs ist, Klassensprecher an der Willy-Brandt-Gesamtschule war, Ämter wie Vertrauensmann oder Jugendvertreter mit Herzblut ausfüllte, sieht sich ganz fest an der Seite der Kollegen. Und die sind stark verunsichert, leiden unter der Ungewissheit, aber wollen nicht aufgeben. Zwar ist der Standort vertraglich bis 2014 gesichert, doch was ist mit den Gerüchten, die derzeit überall herumwabern? „Wir wollen Klarheit, Gewissheit, fordern Antworten auf unsere Fragen“, nennt Yaman die Dinge, die derzeit die Bochumer Belegschaft bewegen.

Genau auf diese Wand wird Karl-Friedrich Stracke, Vorsitzender des Vorstands der Adam Opel AG, treffen, wenn er am Montag zur außerordentlichen Betriebsversammlung anreist. Es dürfte deutlich ungemütlicher werden als vor einer Woche in Rüsselsheim, denn die Jungs aus dem Revier sind von einem ganz eigenen Kaliber. Hier hat man schon immer gerne noch einen Tacken draufgelegt. Schließlich wird Opel als Marke des Reviers angesehen. Und: Allein in Bochum wären rund 10 000 Arbeitsplätze von einer möglichen Schließung betroffen. „Wir hängen an unseren Arbeitsplätzen, geben die nicht auf. Es wird Widerstand geben“, macht Yaman klar. „Stracke ist der Belegschaft die Antworten auf unsere brennenden Fragen schuldig. Und wenn nicht, dann soll er sich zumindest zu diesem Standort bekennen.“

„Wir bleiben Bochum. (Punkt!)“ lautet das kämpferische Motto und davon „werden wir uns auch nicht abbringen lassen“, bekräftigt Yaman. Und er sagt: „Wir lassen uns nicht vorführen.“ Damit meint er auch, dass innerhalb der Opel-Belegschaft - und zwar europaweit - kein Auseinanderdividieren der Belegschaften gewünscht ist. „Ausspielpolitik? Ohne uns. Dann wird man erpressbar und am Ende kommt trotzdem nichts dabei ‘rum.“

Dass Stracke bei der Versammlung in Rüsselsheim den Namen Bochum nicht erwähnt hat, „ist allerdings in der Tat ein Anlass zur Sorge“, gibt Yaman zu bedenken. Der Betriebsrat aber sieht die Reihen geschlossen, setzt entschieden auf Widerstand: „Wir werden kämpfen, werden unser Werk nicht aufgeben und uns nicht schließen lassen.“ Und dann kommt doch noch der echte Ruhri durch: „Rüsselsheim kämpft. Wir können es auf jeden Fall besser.“

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Es zeichnet sich ab, dass der Montag so etwas wie die letzte Chance bietet, die von der Geschäftsleitung offenbar bereits durchgespielte Verlagerung der Zafira-Produktion von Bochum nach Rüsselsheim doch noch zu verhindern. „Diese Verlagerung würde eine Schließung des Bochumer Werkes zur Folge haben“, erklärt Betriebsrat Rainer Einenkel.

Wenn Karl-Friedrich Stracke dies tatsächlich verkünde, gebe es „einen Flächenbrand“. Im Jahr des 50. Jubiläums dieses zweitgrößten europäischen Opelwerkes und zum 150. Jubiläum der Marke Opel arbeite Bochum bei höchster Auslastung im Dreischichtbetrieb. Auf eine solche Effektivität, so wurde aus Unternehmenskreisen bestätigt, komme keines der anderen Werke des GM-Konzerns in Europa.

Es wird davon ausgegangen, dass beim heutigen Treffen zwischen britischen Regierungsvertretern und GM-Managern verkündet wird, was bereits seit Tagen die Runde macht: Das Werk Ellesmere Port erhält neben Gliwice den Zuschlag für die Astra-Produktion, der fortan nur in zwei Werken möglichst im Dreischichtbetrieb gefertigt werden soll. Rüsselsheim verliert diesen Wagen und bekäme sozusagen als Kompensation den Zafira aus Bochum.