Castrop-Rauxel. . Schon im nicht-öffentlichen Teil des Hauptausschusses flogen die Fetzen, eine Stunde später im Rat gab’s denn auch gleich die Fortsetzung. Beim Thema Stärkungspakt kocht die Hütte.

Und es zeigt sich immer mehr, dass der Kampf um die Rettung der Stadtfinanzen zu einem äußerst gewaltigen Kraftakt anschwillt.

Zielscheibe der aktuellen Debatte war diesmal der Kreis. Und da, das sagte Bürgermeister Johannes Beisenherz bereits im Hauptausschuss auch ganz deutlich, ruckelt es einmal mehr. „Die Gespräche gestalten sich als sehr, sehr schwierig.“ Einmal mehr machte Beisenherz deshalb deutlich, dass kreisfreie Städte über ein ganz anderes Instrumentarium zum Sparen verfügen.

„Die können zu 100 Prozent ihren Haushalt durchforsten. Wir als kreisangehörige Kommune haben diese Möglichkeit nicht, denn 25 Prozent unseres Haushalts sind Kreisumlagen.“ Und damit zeige sich, dass man aus eigenen Möglichkeiten keine Chance habe, da heranzukommen. „Ist doch klar, dass wir an die herantreten, die von uns die 25 Prozent erhalten.“

Beisenherz sieht die Kreisveraltung durchaus mit der Stadtverwaltung vergleichbar. Und damit ließen sich auch im Kreis wie in der Stadt Castrop-Rauxel Fallzahlen korrigieren. So aber stehe die Europastadt am Ende der Nahrungskette. Mit dem fast zornig ‘rübergebrachten Ergebnis: „Eigentlich könnten wir nur unsere Bürger schröpfen, aber da kann es nicht hingehen.“

Und genau deshalb sei es auch richtig, dass die sechs Bürgermeister der Stufe-1-Stärkungspaktkommunen eine „Gemeinsame Einwendung“ zum Kreishaushalt 2012 formuliert hätten. Hierin wird erneut die Notwendigkeit betont, „dass sich der Kreis an den anstehenden Sparanstrengungen, vor denen die Kommunen stehen, in gleichem Maße beteiligen muss“. Damit soll die bisherige Behauptung des Kreises, dass im Kreishaushalt keine weiteren Sparmaßnahmen möglich sind, nicht unwidersprochen bleiben. Es ließen sich durchaus noch nennenswerte Potenziale identifizieren. Genannt wird die Zahl 15 Prozent, um die die Kreisumlage gekürzt werden könne. Für Castrop-Rauxel, so Beisenherz, würden dies etwa sieben bis acht Millionen Euro bedeuten. Die laut Beisenherz ungleiche Rechnung: 15 Prozent der Kreisumlage von 850 Mio sind etwa 60 Mio, zu konsolidieren bis 2021. Castrop-Rauxel hingegen muss proportional viel mehr stemmen bei Ansätzen von 180 Mio zu 42 Mio bis 2021. „Das ist der Unterschied und zeigt, wie viel wir sparen müssen.“ Für Beisenherz völlig unverständlich ist deshalb die Haltung mancher Kreistagspolitiker. „Die sehen hier in den Städten das Elend und im Kreistag ist dann alles anders, die Welt in Ordnung. Das kann ich nicht mehr nachvollziehen.“

Während sich die CDU bei diesem Thema erstaunlich zurück hielt, kam Unterstützung von Manfred Postelt (FWI). „Man merkt, wie ernst die Lage ist. Ich erwarte, dass die Kreistagsmitglieder zuerst den Hut der Stadt aufhaben, die sie vertreten.“ Schließlich habe nicht der Kreis Bürger, sondern die Städte. Kreistags- und Ratsmitglied Christoph Grabowski (FDP) - „hier sitzen neun Kreistagsmitglieder“ - widersprach vehement: „Wir sparen doch seit Jahren schon. Die 60 Millionen werden wir bis 2021 im Kreis nicht sparen können.“

„Strangulierungsgesetz“-Gegner Ingo Boxhammer (er nennt es so), zeigte sich geradezu entsetzt vom Text der sechs Bürgermeister, nennt ihn klassisches neoliberales Zeugs. „So etwas habe ich lange nicht mehr gelesen. Ist das Dreistigkeit oder fachliche Ignoranz?“ Für den Linken-Chef steht ein Sparen beim Kreis außer Frage. „Der Kreis verfügt über keine Spielräume.“ Und, einmal in Fahrt: „Alles Krampf, ich sehe schon die 1000 Prozent bei der Grundsteuer.“ Die Entgegnung von Beisenherz: „Es ist barer Unsinn, den Sie hier erzählen.“