Castrop-Rauxel. . Die Volkskrankheit Rheuma zwingt die Betroffenen, ihr Leben mitunter völlig umzustellen. Die örtliche Selbsthilfegruppe, die Arbeitsgemeinschaft (AG) Castrop-Rauxel der Deutsche Rheuma-Liga NRW e.V., gibt Erkrankten und ihren Angehörigen Ratschläge und weist neue Wege auf.
Fällt die Diagnose Rheuma, ist für den Betroffenen klar: Das bleibt ein Leben lang. Und krempelt den Alltag mitunter komplett um. Denn wer nicht mehr genug Kraft hat, das Marmeladenglas aufzudrehen, dessen Finger zu steif sind, um sich alleine anzuziehen, das Lenkrad nicht lang genug halten zu können, um mit dem Auto unterwegs zu sein oder wer sich derart zerschlagen fühlt, dass er nicht mehr aus dem Bett kommt, den zwingt die Krankheit, ein anderes Leben zu führen.
„Man muss sich neu erfinden“, nennt das Elke Heinemann, die die Arbeitsgemeinschaft (AG) Castrop-Rauxel der Deutsche Rheuma-Liga NRW e.V. betreut. „Wenn soviel von der eigenen Persönlichkeit den Bach runtergeht und man viel aufgeben muss, muss man sich neue Betätigungsfelder suchen“, sagt Elke Heinemann.
Sie selbst hat aktiv Tanzsport gemacht, ist gerne ausgedehnt Fahrrad gefahren, bevor die Krankheit ausbrach. Schafft sie heute noch 20 Kilometer mit dem Rad, ist das schon ein Erfolg. „Stattdessen habe ich Sprachkurse gemacht“, erzählt die 54-Jährige. Anderen Betroffenen neue Wege aufzuzeigen ist eines der zentralen Anliegen der Selbsthilfegruppe, die seit Herbst vergangenen Jahres in den Räumen der Awo am Biesenkamp Sprechstunden anbietet.
Neben der Beratung bietet die Deutsche Rheuma-Liga als Hilfs- und Selbsthilfegemeinschaft auch Funktionstraining an, etwa Warmwassergymnastik im St. Rochus-Hospital. „Da gehen wir als Elefanten rein und kommen raus als Gazelle“, beschreibt Iris Schwickerath von der Arbeitsgemeinschaft die Wohltat.
Die Aufklärung darüber, was sich hinter dieser Volkskrankheit verbirgt, ist ein weiterer Schwerpunkt der Rheuma-Selbsthilfegruppe. Denn darunter bündeln sich rund 400 Krankheitsbilder. Die Verschiedenartigkeit der Beschwerden ist auch ein Grund dafür, warum viele Betroffene oft eine regelrechte Arzt-Odyssee hinter sich haben, bis die Diagnose steht.
Fibromyalgie kann Auslöser der Beschwerden sein
„Rheuma ist wie ein Chamäleon“, sagt auch Rita Zielinski von der Arbeitsgemeinschaft. Bei ihr hat es mit Morgensteifigkeit angefangen. „Ich konnte kein Rollo mehr hochzeihen“, erzählt die 58-Jährige. Sie ließ sich untersuchen, doch im Blut waren die für Rheuma typischen Entzündungswerte nicht nachweisbar. Weichteilrheuma, die so genannte Fibromyalgie, war Auslöser ihrer Beschwerden. Diese Krankheitsform ist im Blut nicht zu erkennen.
Heute weiß sie damit zu leben, achtet auf sich, geht nicht mehr über ihre Grenzen hinaus, hört auf ihr Inneres, macht Walking, wenn es ihr gut tut, ruht sich aus, wenn der Körper danach verlangt. Für Außenstehende sei die Krankheit schwer greifbar: Heute hinkt man etwa mit dem linken Bein, morgen mit dem rechten. Auch viele Partner von Betroffenen hätten wenig Verständnis. „Viele sagen, man sieht ja nicht, dass du krank bist, dann hast du auch nichts“, hat Iris Schwickerath die Erfahrung gemacht. Heute packt ihr Mann im Haushalt mit an, und wenn die Bügelwäsche mal ein paar Tage stehen bleibt, weil ihre Hände zu weh tun, gehe die Welt davon auch nicht unter, sagt die Becklemerin und lacht.
Elke Heinemann rät Betroffenen, sich nicht vom Schmerz beherrschen zu lassen. Sondern stattdessen auf die vom Arzt verordnete Therapie zu setzen – und diese auch einzuhalten. Der größte Fehler, den ein Rheuma-Kranker machen könne, sei eigenmächtig seine Tabletten abzusetzen. „Wer seine Tabletten nicht nehmen will, dem zeige ich auch schonmal Fotos von deformierten Händen, auf die Rheuma ohne Behandlung hinausläuft“, verdeutlicht Elke Heinemann.
Zwar können Rheumatologen die Symptome der Krankheit behandeln, doch die Ursachen sind noch nicht vollständig erforscht, eine Heilung nicht in Sicht. Umso wichtiger sei es, so Elke Heinemann, zu erkennen: „Ich bin die wichtigste Person und das wichtigste Wort ist ‘Nein’“.
Angebot und Kontakt der Arbeitsgemeinschaft der Rheuma-Liga NRW e.V.:
Die Arbeitsgemeinschaft Castrop-Rauxel der Rheuma-Liga NRW e.V. ist mit einem Stand auf der Gesundheitsmesse am Sonntag, 11. März, in der Europahalle vertreten. Außerdem bietet die AG immer donnerstags in den ungeraden Kalenderwochen jeweils von 14.30 bis 16.30 Uhr in der Awo-Geschäftsstelle, Biesenkamp 7, Sprechstunden an. Die Selbsthilfegruppe Fibromyalgie-Betroffener trifft sich ebenfalls in den Räumen der Awo am Biesenkamp. Die nächsten Treffen sind am 4. April, 2. Mai und 30. Mai, jeweils um 19 Uhr. Der Klöntreff der Rheuma-Liga findet jeweils um 15 Uhr im Willi-Kauermann-Zentrum an der Bahnhofstraße 83a statt. Die nächsten Treffen: 13. April, und 11. Mai. Zur erreichen ist die AG unter 96 33 632. Internet: www.rheuma-liga.de