Castrop-Rauxel. . Gesetz oder Selbstverpflichtung? Welches ist der Königsweg, um den Anteil von Frauen in den Unternehmen – auch und gerade in Führungspositionen – zu steigern? Die Stadtverwaltung geht mit gutem Beispiel voran: 17,2 Prozent Frauen in Führungspositionen.
Gesetz oder Selbstverpflichtung? Welches ist der Königsweg, um den Anteil von Frauen in den Unternehmen – auch und gerade in Führungspositionen – zu steigern? Die Debatte darüber ist in vollem Gange – auch in der Europastadt.
Dabei geht die mit gutem Beispiel voran: Bei der Stadtverwaltung liegt die Quote von Frauen in Führungspositionen bei 17,2 Prozent, von 25 Bereichen werden derzeit fünf von Frauen geleitet.
Gleichstellungsgesetz zieht bei der Stadt
„Ich bin mit meiner Verwaltung und dem Rat zufrieden“, sagt daher auch Ingegard Pier, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt. Mittlerweile sei es bei Personalauswahlverfahren innerhalb der Stadtverwaltung Gang und Gäbe, dass die Bewerbungen von Frauen ebenso beachtet werden wie die von Männern. Und die Gleichstellungsbeauftragte betont: „Dabei geht es immer um die Qualifikation. Wir haben nie eine Frau eingestellt, nur weil sie eine Frau ist.“
Doch blickt Ingegard Pier zurück auf ihre 26-jährige Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte, sagt sie: „Die Situation hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, ohne das Gleichstellungsgesetz wären wir nicht so weit.“ Zwar habe sich in den Köpfen der Männer schon etwas getan in Sachen Gleichberechtigung, doch ganz ohne gesetzliche Verankerung läge die Frauenquote wohl auch in der Verwaltung deutlich niedriger, schätzt Ingegrad Pier und fügt hinzu: „Ich wünschte, wir bräuchten das Gesetz nicht.“ Doch soweit sei man wohl auch in der Verwaltung noch nicht.
„Wir arbeiten intensiv daran, den Anteil von Frauen auf allen Ebenen und in allen Unternehmensbereichen zu erhöhen. Und hier sind wir auch erfolgreich“, sagt Dr. Harald Ring, Leiter Personal der Rütgers Gruppe. Seit einigen Jahren stellt die Rütgers Gruppe immer mehr weibliche Bewerberinnen ein – auch in traditionellen ‚Männerberufen‘ sind bei dem Chemiekonzern heute vielfach Frauen tätig, so zum Beispiel in der Arbeitssicherheit, der IT und der Logistik. „Für einige Berufe wie etwa bei den Ingenieuren wünschen wir uns allerdings noch mehr Bewerbungen von qualifizierten Frauen“, blickt Dr. Harald Ring in die Zukunft.
„In dieser Art und Weise bringt das gar nix“
Für reine Lippenbekenntnisse hält Birgit Schultz das gerade beschlossene Ansinnen der Dax-Unternehmen, ihre Frauenquote in den nächste Jahren freiwillig steigern zu wollen. „In dieser Art und Weise bringt das gar nix“, meint die zweite Vorsitzende des Unternehmerinnenforums Castrop-Rauxel und führt weiter aus: „Normalerweise bin ich gegen eine gesetzliche Quote, doch sie kann hilfreich sein, um eine Bewusstseinsänderung zu erwirken.“ Denn in den oberen Etagen der Unternehmen laufe bei den Entscheidern noch zu viel über Beziehungen und Netzwerke, Frauen spielten ab einer gewissen Position schlicht keine Rolle. „Wer da nicht genug Stallgeruch hat, kommt nicht in die engere Wahl“, hat Birgit Schultz die Erfahrung gemacht.
Als Angestellte hat die Marketingspezialistin selbst die gläserne Decke, wie sie es nennt, zu spüren bekommen. Dabei brachte sie die nötigen Qualifikationen mit und zudem die Einstellung „von Montag bis Freitag gehöre ich dem Unternehmen“. Aber, sagt Birgit Schultz: „Bei der Abteilungsleiterin war Schluss, eine Bereichsleitung anzustreben war für mich aussichtslos.“ Also machte sie sich irgendwann mit einer Marketing-Beratung selbstständig und rät Frauen heute: „Wir sollten nicht einfach das nachmachen, was die Männer machen und uns nur die wirklich guten Männer zum Vorbild nehmen.“ Und vielleicht auch von der Vorstellung abrücken, dass nur eine Führungsposition das Maß aller Dinge sein kann. Birgit Schultz macht deutlich: „Wenn ich in meinem Fachbereich brilliere, macht mich das auch glücklich.“
In Norwegen und Frankreich gilt bereits ein Gesetz
Klar geregelt ist die Frauenquote etwa in Norwegen: Dort wurde bereits 2003 die als bahnbrechend geltende Quotenregelung für Aufsichtsräte beschlossen. Bei rund 400 der an der Börse notierten Unternehmen ist die Mindestquote von 40 Prozent erreicht. Auch Frankreich hat Anfang dieses Jahres ein Gesetz über eine Quotenregelung und zur Gleichberechtigung am Arbeitsplatz beschlossen. Das Gesetz besagt, dass binnen sechs Jahren Aufsichts- und Verwaltungsräte je zu 40 Prozent mit Frauen besetzt sein müssen.