Castrop-Rauxel. . Eine Castrop-Rauxelerin dachte, online eine Anzeige stellen, kann ja nicht so kompliziert sein. Doch letztlich zeigt sie sich vom Internetangebot der NRW-Polizei enttäuscht.

Eine Anzeige aufzugeben, war gar nicht so einfach, wie es sich Ulrike Grittner erhofft hatte. Die Lehrerin aus Castrop-Rauxel fühlte sich während einer Autofahrt genötigt. Dies wollte sie anzeigen – im Internet. Doch das Prozedere im Netz und die daraus resultierenden Behördengänge entmutigten sie. Mittlerweile hat sie die Anzeige zurückgezogen.

Gefährliche Autofahrt

Ihre Familie war mit an Bord, als das Fahrzeug von Ulrike Grittner auf der Autobahn 42 gefährlich ins Schleudern geriet. Grund war laut Schilderungen der 54-Jährigen ein drängelnder Motorradfahrer. Auf der Fahrbahn wurde es eng. Die Insassen hatten Angst. Diese Nötigung, so entschloss sich die Castrop-Rauxelerin später, wollte sie nicht auf sich sitzen lassen. Am nächsten Tag wandte sie sich an die Polizei. Dort stellten sie die Beamten vor die Wahl: „Entweder Sie kommen zu uns auf die Wache oder Sie erledigen dies online“, hat man ihr gesagt.

Die Castrop-Rauxelerin entschied sich für den für sie neuen und scheinbar unkomplizierten Weg im Netz. Auf dem Internetportal der nordrhein-westfälischen Polizei gibt es mehrere Optionen, um mit der Polizei in Kontakt zu treten. Die „Internetwache“ nimmt dort rund um die Uhr Hinweise auf Sachbeschädigungen oder Diebstahl entgegen. Außerdem können Bürger Anzeige stellen. „In der Tat ging das sehr einfach“, erklärt die Lehrerin. Doch einige Tage später erhielt sie mit der Post von der Polizei die Aufforderung zum Polizeirevier nach Herten zu kommen. Dort solle sie eine Tatortbeschreibung abgeben und den Strafanzeigenantrag persönlich unterschreiben. „Wie soll ich das nur schaffen?“, fragte sich Ulrike Grittner. Das dafür vorgesehene Zeitfenster von 8 bis 14 Uhr ist für sie als Lehrerin nicht zu schaffen. Nach dem Gespräch mit dem zuständigen Beamten gab die Castrop-Rauxelerin schließlich auf. Die beiden wurden sich wegen eines Termins nicht einig. „Die Anzeige habe ich zurückgezogen“, sagt Grittner zerknirscht. Etwas verärgert sei sie. Ihr Eindruck: Das Portal erleichtere es nicht, Anzeigen zu stellen, sondern würde sie abwehren. Beim Behördengang im Netz sprang für sie nichts heraus.

Wiederholte Vernehmung möglich

Michael Franz, Pressesprecher der Polizei im Kreis Recklinghausen verweist auf das behördliche Prozedere. „Grundsätzlich sind Nachvernehmungen immer möglich“, erklärt der Polizeisprecher. Grund seien häufig zunächst nicht jedes Detail abdeckende Erstaussagen. Wie auch in diesem Fall, in dem die Zuständigkeit beim in Herten ansässigen Verkehrskomissariat lag. Für die weitere Strafverfolgung sei ohnehin eine Unterschrift nötig. Doch diese darf offenbar auch per Post in Herten und anderswo eintreffen. „Grundsätzlich ist es möglich, sich dabei schriftlich zu äußern und zu unterschreiben“, so der Polizist. Die Internetwache sei dagegen ein Service, um jederzeit Anzeige erstatten zu können. „Bislang haben wir keine negativen Hinweise deswegen bekommen“, erklärt Franz und betont: „Es ist natürlich nach wie vor möglich, auf jeder Polizeidienststelle Anzeige zu erstatten.

Ein Weg, den Ulrike Grittner wohl beim nächsten Mal beschreiten würde. „Am einfachsten wäre es wohl gewesen, ich wäre direkt zum Revier gestiefelt“, ärgert sicher die 54-Jährige.