Castrop-Rauxel. Die Mitarbeiter der Firma „Stage Kinetik“ aus dem Stadtteil Ickern in Castrop-Rauxel gestalten die Bühnen, die die große Show-Welt bewegen. So fährt Stefan Raab in TV Total, die Stars aus DSDS und Germany's Next Top Model auf die mobilen Bühnen ab.

Damit es auf den Bühnen dieser Welt bewegungstechnisch richtig rund geht, benötigt’s einen Profi. Einen, der nicht nur alles perfekt kann, sondern zudem noch auf der Höhe der Zeit ist. Ganz oben auf den Listen der Auftragsgeber steht da die Ickerner Firma „Stage Kinetik“, die das macht, was der Name auf deutsch bedeutet: Bewegung auf die Bühne bringen.

Gerade erst war die Ideenschmiede, die ihren Sitz an der Von-Waldthausen-Straße hat, für den Eurovision Song Contest aktiv. „Wir haben den Contest fernsehtauglich gemacht“, sagt Senior Projektleiter Jens Buller nicht ohne Stolz und ergänzt: „Der Contest, das war schon einmalig, was wir da gemacht haben.“

Vom 6. April bis zum 19. Mai waren Mitarbeiter von Stage Kinetik vor Ort. „Das waren in Spitzenzeiten zwölf Mann, die von Freiberuflern und Helfern unterstützt wurden.“ 92 SIL-3-Kettenzüge, sogenannte „Move-Cats“, gebaut nach den neuesten Sicherheitsanforderungen, waren im Einsatz, um das Bühnenbild in Bewegung zu bringen. Allein 500 Kilogramm hebt einer der Züge bei Geschwindigkeiten bis zu 24 Metern in der Minuten und „dabei unter den Millimeter genau programmierbar“.

Insgesamt hingen 40 Tonnen an den Teilen, wobei die Gewichte computerüberwacht sind. Acht Kilometer Datenleitungen mussten unter der Decke verlegt werden, zum Einsatz kamen LED-Trapeze, Licht-Traversen, zwei LED-Wände, wobei jede für sich schon neun Tonnen wiegt, sowie eine dahinter befindliche Licht-Matrix. Für die 45 Songs mussten über 7000 Programmierschritte aufgeboten werden, selbstverständlich von den hauseigenen Tüftlern ausgedacht. Die Kritiken waren allesamt positiv.

Wirtschaftswissenschaftler Buller, der 1999 über ein Praktikum zur Firma kam und gleich da blieb, ist neben den beiden Geschäftsführern und Gründern Pieter van Berkel und Dagmar Hofer im operativen Geschäft tätig und vor allem im Fernsehbereich zu Hause. „Wir verleihen den Stars den richtigen Rahmen.“ Und damit dies immer innovativ und bestenfalls einmalig rüberkommt, wird neben eigenen Werkstätten auch eine Entwicklungsabteilung vorgehalten. Hier entstehen die Programme, die Steuerungen, die die Bewegungstechnik ausmachen.

Anfragen erreichen die Firma aus aller Welt, Werbung machen muss man nicht. Das Können der Castrop-Rauxeler hat sich längst herum gesprochen. „Wir sind da Marktführer. Wenn Verrücktes zu bewegen ist, dann ruft man uns an.“ Das liegt am Können der Ickerner, aber auch daran, dass es nicht gerade viele Firmen gibt, die im kinetischen Bereich tätig sind. Außerdem sei man lösungsorientiert, arbeite nach dem Slogan „Nichts ist unmöglich“. Und, so Buller: „Unser Vorlauf ist relativ kurz, wir können eher als andere sofort auf Anfragen reagieren und die Wünsche der Kunden umsetzen.“

Dank eines Lego-Kasten-Systems - schnelles Zusammensetzen vorhandener Bauteile - und eigener Computersysteme, mit denen millimetergenau gesteuert werden kann, lässt sich fast jeder Wunsch problemlos in die Tat umsetzen. „Wir realisieren sogar, dass Personen fliegen, vier Meter in der Sekunde.“ Auch Autos können so durch die Gegend fliegen, aus dem Boden hochkommen oder sich endlos drehen. Kein Wunder, dass Stage Kinetik von Herstellern auf der IAA Autoausstellung regelmäßig gebucht wird.

Und im Fernsehen gehören die Ickerner quasi dazu: DSDS, Bambi, Deutscher Fernsehpreis, Next Top Model, Echo, Wetten, dass, Let’s dance und auch das fahrende Sofa von Raab ist hier gebaut worden. „Wenn’s speziell wird, sind wir die Nummer eins“, weiß Buller, der gerade den „verrückten Wagen“ für Tristan und Isolde, demnächst in der Bochumer Jahrhunderthalle, plant. Dabei fällt das unternehmerische Glück natürlich nicht vom Himmel. Stillstand dürfe es nicht geben, Verantwortung für die eigenen Leute sei wichtig, und auch die Entwicklung müsse immer weiter vorangetrieben werden. Buller: „Keine Sorgen machen ist falsch.“ Und: „Erst das ganze Team macht’s, ein Einzelner kann es nicht richten.“

Mit gerade einmal sechs Mann startete „Stage Kinetik“ im Jahr 1999, verlagerte den Standort vor zweieinhalb Jahren ins Gewerbe und Industriegebiet Deininghauser Weg. Mittlerweile wuchs das Unternehmen auf derzeit 36 Beschäftigte an. Jens Buller, Senior Produktionsleiter: „Es wird schon wieder eng.“

Während in den Anfangszeiten auch der Bühnenbau zu den Aktivitäten gehörte - „Viel Aufwand, kleines Geld“ -, hat sich „Stage Kinetik“ jetzt voll und ganz auf die Bewegungstechnik spezialisiert. Mit der Firmenadresse ist man sehr zufrieden, ein Umzug nach Köln oder Berlin, den Städten, wo am ehesten die entsprechenden Events stattfinden, wird rigoros ausgeschlossen. Buller: „Wir fühlen uns hier wohl, werden den Standort nicht wechseln.“ Die Unikate und Dienstleistungen der Ickerner „Gesellschaft für Bühnenproduktionen“ sind in aller Welt gefragt. 2008 erhielt die Firma den Marketing-Preis der Stadt Castrop-Rauxel.