Castrop-Rauxel.

Lena gucken? Na klar: Bei Familie Gillner dreht sich am Samstagabend alles um den Songcontest.

Die 17-Jährige Janina hat ihre Freunde zum Grill- und Fernsehabend eingeladen. 20 Uhr: die Leinwand ist aufgebaut, die Würstchen brutzeln auf dem Grill und die Deutschlandfahnen liegen bereit. Gleich geht’s los.

„Zuerst die Meisterschale für Borussia und gleich noch ein Sieg für Deutschland - das wär’s“, ist Christoph guter Dinge. „Quatsch, nochmal gewinnen wir nicht“ – Timm ist eher pessimistisch. Welchen Platz wird Lena wohl belegen? Es werden Wetten abgeschlossen. Der Großteil der Zuschauer in Gillners Garten sieht Lena mit ihrem Song „Taken by a Stranger“ eher im oberen Mittelfeld. Zu unspektakulär sei er. Stattdessen sehen sie die verrückten irischen Zwillinge „Jedward“ auf dem Siegertreppchen. Die Jugendlichen mögen ihre Andersartigkeit: „Die Jungs machen durch ihre abgedrehte Show einfach Stimmung.“ Zwölf Punkte für Irland?

Kurz nach acht: Stefan Raab betritt die Bühne und beginnt seine Moderation. Ein Stöhnen geht durch den Wintergarten, der heute als Eurovision-Kino herhält. „Der Typ macht sich echt zum Affen“, ist man sich einig, als Raab beginnt, Lenas Sieger-Song „Satellite“ zu singen. „Anke Engelke und Judith Rakers moderieren super, aber Raab zieht das Niveau mit seinem schlechten Englisch und dem Lena-Abklatsch irgendwie runter“, beschwert sich Laura. Als TV-Total Moderator findet sie den Entertainer besser, dort sei sein Flaxen angebrachter.

Um neun Uhr dann die Erlösung: die Kandidaten der 25 Länder, die es ins Finale geschafft haben, stellen ihre Songs vor. Die Diskussionen während der Auftritte sind heiß. Ist der Finne Paradise Oskar ein langweiliges Muttersöhnchen oder singt er doch ganz gut? Geht es eher um das Aussehen der Künstler oder doch um ihre Musik? „Der Gesamteindruck der Show muss halt stimmen“, beschließt Sarah – darauf kann man sich einigen.

Wie ist er denn nun jeweils, der Gesamteindruck der einzelnen Kandidaten? Dino Merlin aus Bosnien-Herzegowina kommt mit seinem abwechslungsreichen Folkpop gut an. Der Mainstream Rock der dänischen Band „A Friend“ in London ist allen zu langweilig. „Sowas hat man doch schon hundert mal gehört“, meint Sarah. Obwohl sie auch die britische Boyband „Blue“ als ehemaliger Fan schon unzählige Male gehört hat, freut sie sich über ihren Auftritt. „Die sind immer noch genauso niedlich wie in den 90ern“, lacht die 20-Jährige.

Scheint, als ginge es gar nicht so sehr um die musikalischen Leistungen der Interpreten. „Das Auge isst ja schließlich auch mit“, scherzt Heiko: „die Dame aus Russland bekommt mit ihrem kurzen, blauen Kleidchen natürlich automatisch Pluspunkte, obwohl ihr Song gar nicht so gut ist.“ Auch für die Iren fiebern sie mit: „Diese Stimmungskanonen müssen einfach gewinnen.“ Aller Sympathie für die Konkurrenz zum Trotz geht es bei der Punktevergabe doch noch etwas patriotisch zu. Bei jedem Punkt für Lena wird gejubelt, die zwölf Punkte sehnlichst erwartet. Am Ende landet Lena auf Platz 10, eben im oberen Mittelfeld. Die Prognosen stimmten zwar – schade für Lena ist es trotzdem. Aserbaidschan stand auf keiner der Favoritenlisten.