Castrop-Rauxel.

Frühjahr 1951: Bundeskanzler Adenauer und DGB-Vorsitzender Hans Böckler einigen sich über die Einführung der Montan-Mitbestimmung. Die Bundesrepublik erhält eine begrenzte Souveränität in außenpolitischen und wirtschaftlichen Bereichen.

Der Film „Die Sünderin“ wird uraufgeführt, Hildegard Knef sorgt mit einer kurzen „Nacktszene“ für einen Skandal. In dieser bewegten Nachkriegszeit stellen sich 18 Oberprimaner des „Neusprachlichen Gymnasiums Castrop-Rauxel“ der Abiturprüfung. 20 Jahre sind sie jung, jedoch knapp zwei Jahre älter als die heutigen Absolventen der Reifeprüfung. Der Zweite Weltkrieg hat auch hier einen Tribut gefordert.

Eine Rückschau auf die Jugend

Luftangriffe auf Castrop-Rauxeler Industrieanlagen, Kinderlandverschickung nach Pommern unter widrigen Umständen und schließlich Flucht vor der nach Westen vordringenden Sowjetarmee – all das haben sie erlebt. Und nun, vor genau 60 Jahren, hatten sie das Abitur in der Tasche. „Wir waren voller Erwartung und voller – durchaus berechtigter – Hoffnung auf einen neuen, besseren Lebensabschnitt. Bis dahin waren wir nämlich nicht besonders verwöhnt worden vom Leben“, sagt Günter Meyhöfer bei seiner Rückschau auf die Jugend der heute um die 80-Jährigen. Er war damals Klassensprecher der Oberprima B, hatte Dienstagmorgen zum Ehemaligentreffen nach sechs Jahrzehnten ins Restaurant Sandor eingeladen und spricht noch heute für die Alten Herren, von denen vier inzwischen gestorben sind.

„Die ersten Nachkriegsjahre waren auch kein Zuckerschlecken“ sagt Meyhöfer, der die schulischen Daten und Biografisches aufgelistet hat. 120 Sextaner wurden 1941 mitten im Krieg im Neusprachlichen Gymnasium (später Adalbert-Stifter-Gymnasium) eingeschult. Nur 35 kamen in zwei Klassen durch und bauten zehn Jahre später ihr Abi. Studiert haben sie alle, kurioser Weise überwiegend Ingenieurwesen. Drei studierten Ökonomie, einer Jura. Arzt wurde keiner und einer schlug völlig aus der Art: Josef Reding wurde Schriftsteller, ein bekannter, vielfach preisgekrönter dazu. Er ist Mitbegründer der „Gruppe 61“ und seit 1989 „Bürger des Ruhrgebiets“.

Alle sind verheiratet

Bei allen unterschiedlichen Lebenswegen der Pennäler von einst hat der Klassensprecher eine Gemeinsamkeit ausfindig gemacht: alle sind verheiratet und – bemerkenswert – alle Ehen haben bis heute gehalten.

Zu einem Klassentreffen gehören natürlich auch Dönekes aus der Schulzeit und Erinnerungen an die Lehrer. Nicht immer gute. Meyhöfer: „Die Erziehungsmethoden waren wirklich autoritär. Wir wurden geohrfeigt, selbst noch in den höheren Klassen, heute undenkbar.“ Unter einigen Lehrern hätten Schüler richtig gelitten, aber: „Es gab auch richtig gute und einen Helden – Dr. Walter Küper, der unter Einsatz seines Lebens die damals nach Schneidemühl in Pommern evakuierten Schüler vor den Russen gerettet hat.“

Vor dem Schlusswort („In zehn Jahren kommen wir wieder…“) gibt es dann noch ein Vermächtnis der Kriegsgeneration an die Adresse der heutigen Abiturientia. Günter Meyhöfer zitiert aus einem Papier, das, datiert auf das Jahr 1692, in einer Kirche in Baltimore gefunden wurde: „Trotz aller Täuschungen, aller Plackereien und aller zerbrochenen Träume ist es immer noch eine wunderbare Welt. Strebt danach, glücklich zu sein!“