Castrop-Rauxel. Mit deutlicher Mehrheit entschied die Politik, den Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr Henrichenburg als „Mieter“ in einem Investoren-Neubau unterzubringen.
Seit 2005 wurde drüber diskutiert, abgewägt und vor allem immer wieder verschoben. Im Hauptausschuss fiel nach langer, heftiger Auseinandersetzung, die stellenweise Streitcharakter trug, die Entscheidung über die zukünftige Unterbringung des Löschzugs IV Henrichenburg der Freiwilligen Feuerwehr. Ein Investor wird einen Neubau hochziehen, in dessen Parterrebereichen der Löschzug sein neues Domizil erhält -- zur Miete.
1,5 Mio Euro will der Investor für den Bau in die Hand nehmen, der Mietzeitraum für die Stadt beträgt 20 Jahre, was Aufwendungen in Höhe von rund 107 000 Euro im Jahr bedeuten. Verabschiedet wurde der Beschluss, der in der heutigen Ratssitzung wohl durchgewunken wird, mit großer Mehrheit gegen die eine Stimme der FWI.
Gleichwohl hatten alle Beteiligten Bauchschmerzen. Denn die auch von der Kommunalaufsicht vorgeschlagene und für genehmigungsfähig gehaltene Anmietungsvariante kommt die Stadt im Endeffekt viel teurer zu stehen als ein Neubau aus eigenen Mitteln. Rajko Kravanja, Stadtverbandschef der SPD, sprach denn auch wörtlich von einem „Irrsinn“, den er so nicht noch einmal erleben möchte. So sei es schlichtweg irrsinnig, die Sache übers teurere Mietgeschäft zu machen, käme man doch bei einer Eigenfinanzierung besser weg. Aber: „Wir stehen vor einem Dilemma, deshalb müssen wir es jetzt machen“, betonte er während der Diskussion und nannte die Situation einen klassischen Zielkonflikt zwischen Haushaltslage und Sicherheitslage. „Für uns ist das Sicherheitsbedürfnis das Wichtigste.“ Und da der Handlungsdruck nun da sei, „gehen wir das Risiko auch ein“.
Vorschläge der Politiker, die fürs Selberbauen plädierten, lehnte er ab. „Es wurde alles geprüft, alle Schlupflöcher wurden gecheckt, wir können es nicht selbst bauen.“ Dem pflichtete Bürgermeister Johannes Beisenherz bei, der noch einmal den Ernst der Lage beschrieb und auf den Investitionsstau hinwies. „Entweder wir machen es heute, oder es passiert in den nächsten Jahren nichts. Das ist die nackte Wahrheit.“
Gleichzeitig kritisierte er die restriktiven Vorgaben der Haushaltssicherung, die ja erst für solch irrsinnige Entscheidungen sorgen würden. „Die, die in der größten Not sind, müssen auch noch am meisten zahlen.“ Was natürlich die Abwärtsspirale beschleunige. Kravanja kündigte deshalb an, dass mit CDU- und SPD-Landtagsabgeordneten das Thema besprochen werde und dass man auf die für solches Prozedere Verantwortlichen einwirken werde, „dass so ein Mist nicht noch mal passiert“.
Ulrich Werkle von den Bündnisgrünen stimmte dem bei und forderte unnachgiebig ein „hartes Diskutieren mit der Kommunalaufsicht“ ein. Er sieht es als nicht hinnehmbar an, dass „uns die Kommunalaufsicht zur unwirtschaftlichsten Lösung zwingen will“. Das alles lasse ihn im übrigen daran zweifeln, ob so überhaupt sinnvolle Lösungsansätze für die kommunale Haushaltsproblematik zu erwarten seien. Und: „Wir stimmen nur zu, weil die Sicherheit vorgeht.“ Im Vorfeld zeigte er zudem sehr deutlich auf, wie „unwirtschaftlich die Anmietungs-Lösung“ ist: „In 20 Jahren verlieren wir 2,14 Mio Euro.“
Ingo Boxhammer von den Linken pflichtete bei. „Das kann man keinem normal denkenden Menschen vermitteln.“ Manfred Postelt (FWI) -- er hielt seine Contra-Haltung bis zum Schluss durch -- verzweifelte schier an der Miethöhe. „13 Euro pro Quadratmeter, das ist exorbitant, das sind mehr als Penthouse-Preise am Stadtgarten.“ CDU und FDP -- Jürgen Adler: „Es hört sich alles dramatisch an, ist es aber nicht.“ – stimmten vorbehaltlos dem Investor-Modell zu.
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Auch wenn das teurere Modell der Anmietung bei der Politik für großen Unmut und Kopfschütteln sorgte, und in der Folge an höherer Stelle für harte Gespräche sorgen wird, so ist es doch von der Kommunalaufsicht genehmigt worden. Kämmerin Annemarie Tesch: „Der Landrat hätte seine Zustimmung nicht erteilt, wenn es nicht in Ordnung wäre.“
In einem Schreiben der Kommunalaufsicht heißt es denn auch: „Aus der Gesamtbetrachtung der berechneten Kosten, der Bindungszeiträume, der Standortvorteile sowie der Aufrechterhaltung der Möglichkeit, auch im investiven Bereich handlungsfähig zu bleiben, stellt sich die geplante Anmietung von Räumlichkeiten im Neubauvorhaben Freiheitsstraße/Ecke Gevelskamp als wirtschaftlichste Variante dar.“