Castrop-Rauxel. .
Skeptisch stehen Arbeitgeber dem Plan des NRW-Integrations- und Arbeitsministers Guntram Schneider, in nächster Zeit nur noch anonymisierte Lebensläufe zuzulassen, auch in Castrop-Rauxel gegenüber.
Anonymisierte Lebensläufe, ohne Namen, Alter, Anschrift, Familienstand oder Nationalität. Geschwärzt von externen Dienstleistern und mit einer Nummer versehen: Fünf große Firmen in Deutschland akzeptieren solche Bewerbungen in einem Pilotprojekt - darunter L’Oréal und Procter & Gamble. Laut dem Instituts „Zukunft der Arbeit“ der Uni Konstanz, werden Michael oder Anton häufiger zum Vorstellungsgespräch eingeladen, als Mehmet oder Ali. Mit dem Projekt soll, laut Schneider, die Chance für alle Bewerber vereinheitlicht werden.
„Unsinn“, sagt Achim Leder vom Architekturbüro Leder dazu. „Das ist viel zu aufwendig und kostet zu viel Zeit.“. Und mit dieser Meinung ist er in Castrop-Rauxel nicht alleine. Auch Wolfgang Nowak, Ausbildungsleiter der Stadtverwaltung, sieht wenig Vorteile in Schneiders Plan, zumindest für die Verwaltung: „Bei uns ist eine Vorauswahl überhaupt nicht möglich, da alle Bewerber zu Einstellungstests eingeladen werden, die extern ausgewertet werden. So wird Diskriminierung von Beginn an verhindert.“ „Bei den Vorstellungsgesprächen sind Vertreter des Jugend- und Auszubildendenrates, des Personalrates, mitunter der Schwerbehindertenvertretung sowie ein Gleichstellungsbeauftragter anwesend“, versichert außerdem Dieter Jäckel, Bezirksleiter der Stadt Castrop-Rauxel. Es würde sich zudem auch um Bürger mit Migrationshintergrund bemüht, etwa durch mehrsprachige Flyer in Jugend- und Gemeindezentren.
„Kurzfristige Stellenbesetzungen werden unnötig hinausgezögert“
Auch im St. Rochus Krankenhaus teilt man diese Meinung. „Oft wird sowieso kein Bild mitgeschickt“, teilt uns Thomas Tiemann mit, Leiter des Krankenhauses in der Innenstadt. „Und bei Online-Kurzbewerbungen ist der Lebenslauf oft auch nur stichpunktartig.“ Tiemann sieht nahezu keine Vorteile in der Durchführung dieses Vorhabens: „Kurzfristige Stellenbesetzungen werden dadurch nur unnötig hinausgezögert.“
Ganz anders sieht man die Thematik in der Arbeitsagentur: Aneta Schikora von der Regionaldirektion NRW in Düsseldorf erklärt, dass ab September das Pilotprojekt auch in der Regionaldirektion NRW anläuft. „Für uns ist die Einführung von anonymisierten Bewerbungen nur ein weiterer Meilenstein in der Erfüllung der ,Charta der Vielfalt’.“
„Frauen, die es schaffen wollen, schaffen es!“
Daniel Borgerding, Leiter des gleichnamigen Modehauses in Castrop, weist auf die Branchenabhängkeit hin: „Ich stelle durchaus nicht nur jugendliche Bewerberinnen ein; allerdings kann ich eine 50-jährige nicht in die Jugendabteilung, genauso eine 20-jährige nicht in die Damenabteilung stellen.“ Eher zu empfehlen wäre das Projekt, so Borgerding, für Berufe im Innendienst, weniger für die Textilbranche und den Einzelhandel.
„Frauen, die es schaffen wollen, schaffen es!“ So deutlich spricht Brunhild Schmalz, Prokuristin des Evangelischen Krankenhauses über das Thema Geschlechterdiskriminierung. Man müsse ihrer Meinung nach einfach den „Beigeschmack“ in einigen Berufen ändern und offener mit dem Thema Frauen-/Männerberufe aufräumen. „Dazu braucht man weder eine Frauenquote, noch anonyme Bewerbungen.“