Wohin es mit dem neuen Fahrrad gehen soll, das weiß Celine genau: „Zu meiner Oma.“ Und dass der neue Drahtesel auch noch über einen chicen Korb an der Vorderstange verfügt, darüber freut sich die Neunjährige ganz besonders: „Da kommen die Blumen für die Oma rein.“
Beim zweiten Radprojekt der Radstation Rebeq und der Awo-Familienhilfe „Start Punkt“ erfuhren zehn Kinder zwischen sieben und 13 Jahren am Samstag nicht nur allerhand Wissenswertes rund um die Pflege und Wartung ihrer Räder, einige wie Celine konnten dank lieber Spender gleich ein neues, wenn auch gebrauchtes, Vehicle mit nach Hause nehmen. „Mich verwundert es immer wieder, wenn ich sehe, in welchem Zustand die Räder sind, mit denen Eltern ihre Kinder auf die Straße lassen“, sagt Gerd Joswig, Anleiter der Radstation. „Oft kommen die Räder zu uns, wenn sie mehr als ein Wehwehchen haben, die Bremsen überhaupt nicht mehr funktionieren, kein Licht mehr brennt und die Schaltung komplett den Geist aufgegeben hat.“ „Genau hier wollen wir ansetzen und die Sinne sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen schärfen, damit die Radler sicher auf den Straßen unterwegs sind“, erklären Stefanie Buchholz und Annette Hermes von der Awo-Familienhilfe, die im Vorfeld alle 45 Familien, die zur Zeit in Castrop-Rauxel betreut werden, kontaktiert hatten.
Bevor sich Celine auf zu ihrer Oma machen kann, gibt es für Gerd Joswig noch einiges zu tun. Das Rücklicht ist bereits repariert. Bevor der Anleiter vorne eine Lampe und hinten einen Reflektor einbaut, nimmt er die Bremsen kritisch unter die Lupe. „Die Bremsschuhe sind dahin und der Bremszug am Handgriff sitzt zu locker“, erkennt der Experte. Dafür funktioniert die Drei-Gang-Schaltung einwandfrei. „Wichtig ist natürlich auch die Kette. Sie darf nicht zuviel oder zuwenig Spielraum haben, sonst springt sie ab oder reißt“, erklärt er. Zu guter letzt passt er noch den Sattel und das Lenkrad an die neue Besitzerin an. „Den Sattel können Eltern leicht selbst einstellen. Beim Lenker ist es schwieriger. Dort gibt es einen Minimum- und Maximumbereich. Wenn man darüber kommt, kann beim Fahren der Lenker ohne weiteres abbrechen“, warnt der Profi.
Auch Philipp ist heute zur Radstation gekommen. Stolz präsentiert er sein blau-rotes Rad. „Mal schauen, ob alles in Ordnung ist“, gibt sich der Achtjährige am Anfang noch gelassen. Schnell jedoch folgt die Ernüchterung. „Ich fürchte das ist die Arbeit eines Zauberlehrlings“, erkennt der Anleiter. Dass das Velo einen Platten hat, ist nicht das Schlimmste. Das Schaltwerk - ein Totalschaden, Lichter sucht man an diesem Rad vergebens. „Aus diesem Geländerad ein straßentaugliches Rad zu machen ist schon eine Herausforderung. Aber keine Sorge, das schaffen wir“, versucht Gerd Joswig den unglücklich drein schauenden Philipp zu trösten.
In den nächsten Tage wird er auf sein Rad verzichten müssen. Die nötigen Teile müssen erst organisiert werden. Dann jedoch kann Philipp endlich sicher in die Pedalen treten.