Castrop-Rauxel. Zum ersten Mal in seiner neunjährigen Geschichte wird das Krimidinner im Knast gespielt - für alle Beteiligten eine Herausforderung. Am Montag war Generalprobe. Bei "Hochzeit in Schwarz" sinkt ein Mann in dem großen Speisesaal plötzlich zu Boden - er ist tot...
Mord in der JVA: Das Unfassbare ereignet sich am Montagabend kurz nach 20 Uhr. Ein markerschütternder Schrei durchdringt den großen Speisesaal, dann sinkt ein Mann tot zu Boden. Die blutende Wunde am Kopf deutet ganz klar auf ein Gewaltverbrechen hin.
Mehr zur Tat, zum Tatmotiv und den Verdächtigen wird an dieser Stelle nicht verraten. Nicht etwa, weil der schreckliche Vorfall in der JVA nicht für die Öffentlichkeit bestimmt wäre. Nein, vielmehr geht es darum, Spannung zu bewahren – und zwar die Spannung, die das Krimidinner im Sommer erzeugen wird.
Eine Herausforderung für alle Beteiligte
Das verspricht in doppelter Hinsicht spannend zu werden: Zum einen wegen des aufzuklärenden Mordfalls, zum anderen wegen des Tatortes. Das Krimidinner findet nämlich erstmals in seiner neunjährigen Geschichte in einer Justizvollzugsanstalt statt - für alle Beteiligten eine Herausforderung.
Bei der großen Generalprobe am Montag glückte dieses „Experiment”. Die fünf Darsteller des Krimidinners spielten vor rund 70 Gästen „Hochzeit in Schwarz”, übrigens nicht vor irgendwelchen Gästen, sondern vor den Bewohnern und deren Angehörigen.
„Ich bin schon sehr aufgeregt”, verriet Anstaltsleiter Ralf Bothge vor Beginn des Genuss-Theaters. „Auch wenn es eine Probe ist, so soll doch alles gut über die Bühne gehen.”
Ein Abend voller Spannung
Ging es auch: ein lustiger, kurzweiliger Abend voller Spannung. Und nicht zu vergessen: mit einem hervorragenden Vier-Gänge-Menü, gezaubert von den Inhaftierten.
Vorweg kredenzten die Kellner, ebenfalls Insassen, eine klare Rinderkraftbrühe. Es folgte „italienisches Unkraut” - also Rucola - „mit geröstetem Rind, gesteinigt von Pinienkernen”, um es mit den Worten des trotteligen Butlers namens Wilson zu sagen. „Als Hauptgang servieren wir Hähnchenbrustfilet, seebestattet in Orangensauce, dazu Basmatireis”, so Wilson weiter. „Und zum Dessert rund 2000 Kilokalorien”, kündigte der Butler einen süßen Abschluss des Dinners an.
Es versprach also, ein toller Abend zu werden. Die Tische waren dem Anlass entsprechend dekoriert und eingedeckt: große silberne Kerzenleuchter, umhüllt von Spinnenweben, rote Rosen auf weißer Tischdecke und flackernde Grableuchten. Die Schauspieler waren bestens aufgelegt und überzeugten mit gekonnten Improvisationen. Die Gäste nahmen amüsiert an den interaktiven Szenen teil, lachten, schmunzelten, genossen den außergewöhnlichen Abend.
JVA ein Versuchsballon
„Ich finde es toll”, lächelte Alexandra Stamm, die Erfinderin des Krimidinners, also quasi die Ersttäterin. Noch nie habe ihr Ensemble in einer Justizvollzugsanstalt gespielt. Das sei jetzt ein Versuchsballon. „Sonst sind wir in Hotels oder in Schlössern”, berichtete Alexandra Stamm. Zu den sonstigen Spielorten sei der Meisenhof somit ein echter Kontrast. „Aber ein sehr spannender”, betonte die Essenerin.
Mit der Idee, im Knast aufzutreten, konnte sie sich deshalb schnell anfreunden. „Herr Bothge hat angefragt und wir fanden es gut”, erzählte Alexandra Stamm vom ersten Kontakt. „Es hat nicht lange gedauert, bis sie mir zugesagt hat”, erinnerte sich Ralf Bothge ebenfalls an eine unkomplizierte Übereinkunft.
Bothge war es auch, der die Idee überhaupt erst hatte. „Die JVA Herford lädt regelmäßig in die eigene Kantine zum Essen ein”, erzählte Bothge und fuhr fort: „Da haben wir gedacht, das können wir auch, und zwar besser.” Damit war die Idee des Krimidinners im Knast geboren. „Ich glaube, das gab es in ganz Deutschland noch nicht”, so der Anstaltsleiter, der an jenem Montagabend sogar selbst 'handgreiflich' wurde: Gemeinsam mit seinem Kollegen, dem Pressereferenten Helmut Sauer, servierte er den Gästen das Essen. „Eine schöne Geste”, wie Alexandra Stamm fand.