Castrop-Rauxel. Weil ein 22-Jähriger seinen Onkel mit einer Bierflasche niedergeschlagen hat, musste er sich wegen Körperverletzung vor dem Amtsrichter verantworten. Beim Prozess kam heraus, dass der eskalierte Streit die Folge jahrelanger Familienquerelen war.
Ein 22-Jähriger schlägt seinen Onkel mit einer leeren Bierflasche nieder. Das ist nach dem Strafgesetzbuch eine schwere Körperverletzung. Welche schwerwiegenden und jahrelangen familiären Querelen zu dieser Tat im November 2017 bewogen haben, wurde nur ansatzweise während der Gerichtsverhandlung deutlich.
Dass er den 46-jährigen Verwandten niedergestreckt hat, gab der Neffe gleich zu Verhandlungsbeginn zu. Schilderte dann die völlig desolaten familiären Beziehungen, die auf der drohenden Zwangsversteigerung des gemeinsam bewohnten Hauses beruhten. Eine Situation, die der Mutter des Angeklagten psychisch sehr zugesetzt hat. Als sie im November wieder mal zusammenbrach, weinte und schrie, soll der Onkel, der Bruder der Mutter, in deren Wohnung gekommen und seine Schwester geschlagen haben. Der 22-Jährige, gerade von der Arbeit heimgekehrt, ging dazwischen, drängte den Onkel weg.
Streit vor einem CaféTags drauf wollte er den 46-Jährigen zur Rede stellen, vor einem Café in Habinghorst. Dort griff der Onkel zunächst den Vater des Angeklagten an, stieß ihn gegen die Brust. Etliche Gäste des Cafés bemühten sich um Deeskalation, bugsierten den Onkel nach draußen.
Dort mischte sich der Sohn ein. Schnappte sich eine leere Flasche und schlug zu. Der Onkel fiel zu Boden, verlor das Bewusstsein, blutete stark aus einer Kopfwunde. Der Neffe rannte weg, während ein Augenzeuge umgehend Krankenwagen und Polizei rief. Der stellte sich der Angeklagte kurz darauf und gab den Schlag zu. Der Verletzte wurde ins EvK gebracht, wo die Platzwunde genäht wurde. Die Wunde ist verheilt, doch die Familienbande sind seit diesem Tag endgültig zerrissen.
Keinen Kontakt mehr„Ich kenne ihn nicht“, sagte der Onkel, der als Zeuge geladen war. Und verweigerte anschließend die Aussage, was ihm als nahen Verwandten erlaubt war. Seit jenem Vorfall hat der Angeklagte das Mehrfamilienhaus in Habinghorst nicht mehr betreten, wohnt bei Freunden. Will bald wieder bei seinen Eltern einziehen, die sich eine neue Wohnung gesucht haben. Weit weg vom Ort des familiären Zwists.
Mit im Gepäck: Eine Bewährungsstrafe. Während der Verteidiger anführte, dass sein Mandant provoziert worden sei, den Fall als minderschwer eingestuft sehen wollte, blieb der Richter bei schwerer Körperverletzung. „Es war Revanche und keine Notwehr“, so die Begründung für die zehnmonatige Bewährungsstrafe.