Am Hafen belädt und löscht Hans-Jürgen Oestreich mit zwei Kränen Schiffe, die dann nach Holland, Belgien und Paris fahren

Über eine schmale, senkrechte Sprossenleiter klettert Hans-Jürgen Oestreich am gelben Kran nach oben. Rund acht Meter geht es in die Höhe, bis er seinen Platz erreicht hat. Von dort oben hat er einen guten Überblick: über das Gelände der Luck KG, über Berge von schwarzem Granulat und über den Rhein-Herne-Kanal. Dies ist sein Arbeitsplatz, denn er ist Kranführer und für das Be- und Entladen der Schiffe im Hafen zuständig.

Durch meterlange und hohe Betonmauern getrennt wird das Granulat aufbewart. Mehrere dieser Kammern liegen rechts von Oestreich und seinem 20 Meter hohen Gefährt. Auf einer 120 Meter langen Schiene kann er den schweren Koloss vor und zurück bewegen. Ganz langsam und ohne Rückspiegel.

„Für mich ist das schon Routine”, sagt Oestreich, der bereits seit 21 Jahren im Hafen auf dem Kran sitzt. Derzeit ist er der einzige Kranfahrer bei der Luck KG. „Durch die Wirtschaftskrise haben auch wir zu kämpfen”, sagt er. Das Kraftwerk Knepper sei seit zwei bis drei Monaten ausgeschaltet. Somit fallen einige Lieferungen aus. Denn das Granulat, das Oestreich im Auftrag von BauMineral verlädt, wird jeden Tag von Lkw aus den Kraftwerken Datteln und – bis vor kurzem – auch Knepper angeliefert.

Laut knattern die Poller, die wie riesige Spulen, die Drahtseile oben auf dem Kran bewegen. Vier Tonnen Material kann der Greifer des Krans auf einmal transportieren. Mit einem starken Rucken wird der Schwenk des Auslegerarms eingeleitet. Mit drei Schalthebeln hantiert der 52-Jährige geschickt, um den Turmdrehkran (Baujahr 1969) zu fahren, zu schwenken und rauf und runter zu steuern.

Links von ihm liegt die „Esperance”, ein niederländisches Schiff von 67 Metern Länge und acht Metern Breite. Schaufel für Schaufel, oder besser Greifer für Greifer, füllt sich die Ladefläche des Schiffes. Dabei muss Oestreich beachten, dass der Kahn nicht in Schieflage gerät. „Ich kenne alle Schiffe hier und weiß, wie sie richtig beladen werden.”

Rund 100 Schiffe steuern „seinen Hafen” an. Im Durchschnitt wird eines am Tag beladen oder gelöscht, wie das Entladen in der Fachsprache heißt. Rund fünf Stunden sitzt der fitte Mitfünfziger in seinem Häuschen, bis er vom Kahnfahrer das Signal bekommt: Das Schiff ist voll.

Dann klettert er die steile Treppe wieder hinab. Mit einem Zollstock nimmt er Maß, wie tief die Esperance im Wasser liegt. So kann er genau berechnen, wie viel Granulat sie geladen hat. Heute sind es 901 Tonnen und 802 Kilogramm. Der Papierkram wird im Büro erledigt. Dann steigt Oestreich auf den Radlader und schiebt das restliche Granulat auf dem Gelände wieder zusammen – für die nächste Beladung.