Bottrop-Kirchhellen. Den Wildschweinen im Ruhrgebiet geht's richtig gut. Sie haben reichlich zu fressen. Durch die gute Eichelausbeute und den milden Winter hat sich das Schwarzwild stark vermehrt. Aus der Kirchheller Heide weichen sie deshalb aus. Sogar im Stadtgarten von Bottrop haben die Förster sie schon geschossen.
Einige Jahre hatten Landwirte und Bauern Ruhe vor den Wildschweinen. Jetzt sind sie wieder auf dem Vormarsch in Kirchhellen und Grafenwald. Sogar im Stadtgarten sind sie aufgetaucht, sagt Revierförster Markus Herber: „Wenn wir sie nicht geschossen hätten, wäre schon der ganze Stadtgarten umgewühlt.“
Paula hat’s vorgemacht: Die Wildsau im Waldpädagogischen Zentrum (WPZ) am Ruhehorst hat Anfang des Jahres gleich neun Frischlinge geworfen. Bis auf drei hat das WPZ die Jungtiere abgegeben, damit sie den Ehrenamtlichen der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald nicht die Haare vom Kopf fressen. Gleiches ist in der Kirchheller Heide auf breiter Front passiert: Die Wildschweine konnten sich im sehr milden Winter an einer „sehr, sehr starken Eichelmast“ satt fressen, hat Revierförster Werner Meemken vom Regionalverband Ruhr Grün beobachtet.
Der Wildschweinbestand habe „auf jeden Fall ordentlich zugenommen“, auch weil es im Juni erneut jede Menge Frischlinge gegeben habe. Meemken vermutet, dass die Frischlinge aus dem letzten Jahr im Frühsommer entweder schon selbst geworfen oder die Säue zweimal in diesem Jahr Frischlinge bekommen haben. Revierförster Marcus Herber: „Die Bachen werfen bei guten Rahmenbedingungen bis zu zehn Frischlinge.“
„Wie die Made im Speck“
Jedenfalls sind die Bestände in der Kirchheller Heide so stark gestiegen, dass ganze Rotten der Tiere in Richtung Stadt verdrängt werden. Sie kreuzen die Autobahn 2 und verursachen dort Wildunfälle. Nach Herbers Angaben will der Landesbetrieb „Straßen NRW“ deshalb entlang der Autobahn einen Wildschutzzaun bauen. Im Großraum um die Lindhorststraße vertreiben frei laufende Hunde das Schwarzwild weiter nach Süden, hat Herber beobachtet.
"Die Wildschweine warten nur auf solche Leckerbissen"
Und er warnt Gartenbesitzer davor, Kompost am Waldrand zu entsorgen: „Die Wildschweine sitzen im Brombeergestrüpp und warten nur auf solche Leckerbissen. Die leben da wie die Made im Speck.“ So schlimm wie in Berlin, deren Medien der Stadt in diesem Jahr den Titel „Hauptstadt der Wildschweine“ vergeben haben, sei es aber in Bottrop noch lange nicht. In Berlin haben Wildschweine schon Wohnviertel und Spielplätze heimgesucht.
Mit den so genannten „Bewegungsjagden“ wollen Förster und Jäger in den nächsten Monaten den Bestand reduzieren. Im Jagdgesetz NRW ist er festgeschrieben auf zwei Stück Schwarzwild pro 100 Hektar Fläche. Dafür würden wohl mehrere Jagden notwendig sein, schätzt Herber. Und Kollege Meemken, der in der Kirchheller Heide eine Treibjagd mit Hunden auflassen will, denkt im nächsten Jahr, wenn der Bestand noch einmal so stark anwächst, sogar an zwei Treibjagden. Frischlinge bis zu einem Alter von zwölf Monaten sind das ganze Jahr über zum Abschuss frei gegeben.
Sinken wird der Preis für Wildschweinbraten aber wohl nicht
Wenn die Jäger zum Halali auf das Schwarzwild blasen, sinkt dann der Preis für Wildschweinbraten? Eher nicht, sagt Meemken, weil auch die Nachfrage sehr groß sei. In diesem Jahr hat der Regionalverband (RVR) sein Verkaufssystem umgestellt auf ein Bestellsystem. Dezeit, sagt der Revierförster, „stapeln sich am Heidhof die Bestellungen für Wildfleisch“.