Die Kirchhellener besaßen schon immer ein sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein, so nach dem bayerischen Slogan „mir sa’n mir!“. Mit Argus-Augen wachten sie über die Einhaltung des 1976 ratifizierten Gebietsänderungsvertrages, gewissermaßen der „Ehevertrag“ für die Zwangshochzeit von Bottrop und dem dereinst größten Dorf Deutschlands. Eins der Heiligtümer: die Bezirksverwaltungsstelle.

Doch jetzt bröckelt die Ämtervielfalt im „Rathaus Kirchhellen“. Die Mütterberatung des Gesundheitsamtes, seit den 1980er Jahren in Händen von Sigrid Patz, wurde bereits aufgegeben. Sigrid Patz arbeitet jetzt im Mutterhaus an der Gladbecker Straße.

Ämtervielfalt bröckelt

Teil des Sparpaketes sind auch die Rentenberatung und das Standesamt. Bezirksbürgermeisterin Margot Hülskemper bedauert die Schließung der Rentenstelle: „Das tut mir unheimlich leid, Marita Hackfurth und Giana Mascellara-Metzen haben hier mit großem Engagement den Rentnern geholfen.“ Gerade beim Einstieg in die Rente, für ältere Menschen mit großen Ängsten und Unsicherheiten verbunden, „ist es wichtig, wenn jemand, mit dem man vertraut ist, einem über die ersten Hürden hilft“, sagt Margot Hülskemper.

Eine Menge Bürgernähe aufgegeben

Indes, das Angebot der Rentenberatung ist eine freiwillige Aufgabe der Stadt. Aber Margot Hülskemper bringt es auf den Punkt, wenn sie sagt: „Hier wird eine ganze Menge Bürgernähe aufgegeben.“ Der exakte Zeitpunkt der Auflösung des Versicherungsamtes ist aber noch unklar.

Ein Tiefschlag fürs Kirchhellener Gemüt bedeutet vor allem das Aus für den Standesamtsbezirk. Allerdings scheinen die Modalitäten noch verhandelbar. Nach Stand der Dinge soll Anke Schmidt ihre (Standes)Amtsgeschäfte im Bottroper Rathaus erledigen, aber gleichzeitig stellv. Leiterin der Bezirksverwaltung Kirchhellen bleiben – mit Arbeitsplatz am Ernst-Wilczok-Platz! Und in puncto Ersparnis: Durch „Umzug“ der Stelle bzw. von Anke Schmidt spart die Stadt wohl nicht einen Cent.

Ein Ansprechpartner soll im Standesamt Kirchhellen erhalten bleiben. Ebenso sollen Trauungen weiterhin möglich sein: in der Bezirksverwaltung, im Hof Jünger, in der Weinscheune und im Schloss Beck. Aufgebote oder das Anzeigen von Sterbefällen (was die Kirchhellener Bestatter kaum erfreuen dürfte) sind dann aber nur noch in Bottrop möglich.

Nach Umsetzung der Sparpläne blieben also nur noch das Bürgerbüro, das Straßenverkehrsamt und das Einwohnermeldeamt übrig. Nicht wenige Kirchhellener sehen daher im Ämtersterben eine „Salamitaktik“, die Bezirksverwaltung eines Tages ganz zu schließen.

Ach ja, noch eine weitere Sparmaßnahme: Gestrichen wurde der Kirchhellener Verwaltung auch das Abonnement für eine der beiden Tageszeitungen.

Bürgerinitiative gegen Ämterschließungen


Bereits 1986 drohte die Schließung von Straßenverkehrsamt und Standesamt.


Damals formierte sich eine Bürgerinitiative unter Führung von Hugo Liesenklas, Theo Allekotte und Heinrich Steinberg gegen „Sparkommissar“ Ernst Löchelt, dem späteren OB.


Das Ergebnis ist bekannt: Beide Ämter blieben erhalten.