Wenn man Egon und Gisela Jendral zuhört, möchte man sich am liebsten die Wanderschuhe anziehen und loslaufen. Das Ehepaar ist seit Jahrzehnten wanderbegeistert. Ein großes Glück sei das gemeinsame Interesse, sind sie sich einig. Sie waren in den verschiedensten Ecken in Deutschland und im Ausland, haben sogar ein Wüstenschloss in Syrien besichtigt.

Am kommenden Donnerstag heißt es wieder: Rucksack auf und los. Dann startet die vierte Etappe ihres aktuellen Vorhabens. Einmal von Flensburg bis nach Füssen. „Die Idee hatte meine Frau. Nach so viel kreuz und quer meinte sie: ,Warum nicht einmal durch?’ - ich war sofort begeistert“, erinnert sich Egon Jendral.

Das war 2009. Also haben sie sich eine Deutschlandkarte genommen und eine Linie von Norden nach Süden gezogen. 800 Kilometer Luftlinie, die gleiche Distanz haben sie bereits bis Eschwege zurückgelegt, denn „man läuft ja nicht Luftlinie. Man guckt ja auch, dass man schöne Routen erwischt.“ Eschwege liegt genau auf der Hälfte der Strecke, von dort geht es nun weiter. Dabei geht es den beiden nicht darum, möglichst weite Strecken zurückzulegen. Er ist 74 Jahre alt, sie vier Jahre jünger. „Es geht darum zu schauen, zu lernen und Dinge zu erkennen“, sagt Egon Jendral.

Doch es steckt noch mehr dahinter. Dazu muss man sich nur ihr Bücherregal anschauen. Das ist bis obenhin vollgepackt mit Büchern über das Wandern, mit Karten und Aktenordnern. Denn Egon Jendral liebt es, die Touren zu planen. „Das macht unheimlich viel Spaß“, sagt er.

Dabei bereitet er alles akribisch vor. Die großen Wanderkarten sind unterwegs zu umständlich. Also fertigt er Ausschnitte für jeden Tag an. „Die falte ich einmal und stecke sie in die Tasche. Das ist viel einfacher.“ Dazu kommt ein eigener Stadtplan für jeden noch so kleinen Ort. Ebenfalls selbst hergestellt, versteht sich.

Die Infos bekommt er zum Teil aus dem Internet; das hat der Sohn im letzten Jahr eingerichtet. Zur Kontrolle und für manch andere Dinge eine Bereicherung. Vor allem, wenn Egon Jendral seine Berichte schreibt. „Auf der Schreibmaschine war das noch ärgerlich, wenn man hinterher einen Fehler entdeckt hat.“ Für jede der acht Etappen hat er einen eigenen Ordner angelegt.

Anekdoten im Tagebuch

Dort findet er alles, was er braucht. Es ist auch eine Art Tagebuch, mit eingeklebten Fotos und aufgeschriebenen Erinnerungen. Egon Jendral steht mehrfach auf, um neue Ordner aus dem Regal zu ziehen. Ständig fallen ihm neue Anekdoten ein, über Weggefährten, flüchtige Bekannte oder Freundschaften, die sich entwickelt haben. Mit vielen davon steht das Ehepaar noch in Verbindung. Ein eigenes Adressbuch haben sie angelegt, mit über 40 Namen. Jedem von ihnen werden sie unterwegs eine Karte schicken. Ein ganzer Stapel Antwort-Post liegt bereits im Regal, gleich neben dem Ordner mit der Aufschrift „Etappe Nummer 5“. Der wird sich bald füllen, wenn es ab Eschwege losgeht. Dort wollen die Jendrals noch ein kleines Dankeschön abliefern. „Wir wollten damals unbedingt in ein Zinnsoldaten-Museum. Leider hatte das geschlossen und wir konnten nicht warten. Aber eine Frau Freitag ist extra gekommen und hat uns alles gezeigt.“ Ein Foto als Erinnerung an den Tag haben sie nun auf eine Tasse drucken lassen. Die werden sie bei ihrem nächsten Halt übergeben, als Dank für so viel Hilfsbereitschaft. Dann ist Eschwege aber nicht Zielpunkt, sondern erst Start einer neuen Etappe.