Manchem Verbraucher vergeht derzeit der Appetit auf Geflügel. Der Einsatz von Antibiotika ist bei der Hähnchenzucht längst gängige Praxis. Aber sind dadurch im täglichen Produkt, dem Hühnerei, gesundheitliche Nebenwirkungen für den Menschen zu erwarten?

„Schon bei der Züchtung der Jungtiere wird darauf geachtet, ob sie später für die Eier- oder Fleischproduktion benötigt werden“, erklärt Jörg Umberg, Landwirt und Geschäftsführer des Hofes Umberg am Overhagener Feld. Eine Legehenne sei speziell auf das Legen von Eiern gezüchtet. Deshalb fänden Antibiotika in der Eierproduktion keine Verwendung, jedenfalls sei ihm kein Fall bekannt. Denn dadurch ließe sich weder die Produktion beschleunigen noch die Stückzahl erhöhen.

Etwa 4 000 Hühner leben auf dem Hof Umberg in Bodenhaltung. „Die Tiere können sich in den Ställen frei bewegen“, so der Geschäftsführer. Diese Form sei artgerechter als die Käfig- oder Massentierhaltung. In diesen Betrieben werden die Tiere mit Futtermittel gemästet, damit sie schnell an Körpermasse und Fleischanteil zulegen. Einige Landwirte gäben ihren Hühnern prophylaktisch Antibiotika. „Es wirkt leistungs- und wachstumsfördernd“, erklärt Umberg. Nach gut einem Monat erreichen die Hühner schon ihr Schlachtgewicht von rund einem Kilo.

„In der industriellen Geflügelproduktion muss sich etwas ändern“, sagt Umberg. „Nur dann lassen sich solche Krankheiten verhindern.“ Bei den Tieren verhalte es sich wie bei den Menschen. „Wo viele auf engem Raum leben, steigt das Infektionsrisiko“, sagt Friedrich Steinmann, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Recklinghausen.

Zugleich lasse sich der Einsatz von Medikamenten in der Tierhaltung nicht gänzlich verhindern. „Wenn ein Huhn mit einem Erreger infiziert ist, verschreibt der Veterinär zur Heilung mitunter Antibiotika“, so Umberg. Ansonsten wäre die Ansteckungsgefahr im Stall zu groß.

Eine klare Abgrenzung zwischen medizinischem und bewusstem Einsatz scheint in der Hähnchenzucht beinahe kaum möglich. Die Landwirte seien in der Pflicht. „Sie müssen dafür sorgen, dass sie weniger Antibiotika bei der Lebensmittelproduktion verwenden“, sagt Steinmann über eines der langfristigen Ziele.

Gleichzeitig müsse sich das Konsumverhalten des Verbrauchers ändern. „Sie tragen eine Mitschuld an der Geflügelmast“, sagt Werner Burhoff, Betriebsleiter vom Rotthoffs Hof an der Münsterstraße. Dort werden rund 80 bis 90 freilaufende Hühner gehalten.

Viele Verbraucher seien aber nicht bereit, die teueren Bioprodukte zu bezahlen. „Das wird ein langer Prozess“, befürchtet Friedrich Steinmann. Dass die Debatte über Antibiotika im Hähnchenfleisch jetzt wieder hoch keimt, kann Burhoff nicht verstehen. „Das Thema ist doch ein alter Hut.“ Aus Erfahrung weiß er, dass der Ansturm auf Bioprodukte nur von kurzer Dauer sei. „Jeder Skandal bringt einem Biohof täglich rund 20 Kunden mehr.“ Nach wenigen Wochen habe sich dann alles normalisiert - von Nachhaltigkeit der Verbraucher könne keine Rede sein.