Kirchhellen.
Tränen schimmern in den Augen der grauhaarigen Dame. „Es ist eine große Entlastung für mich.“ Gemeint ist das Demenzcafé im St. Antonius-Hospital, das sie gerade zum zweiten Mal mit ihrem Ehemann besucht.
Der 77-Jährige ist demenzkrank, vor gut zwei Jahren begann seine schleichende Veränderung: „Er wollte Essen aufwärmen und hat vergessen, die Herdplatten abzunehmen“, erinnert sich die Bottroperin. Ihren Namen möchte sie nicht nennen: „Nein, dann sprechen mich alle darauf an, das wäre mir unangenehm.“ Über ihren schwierigen Alltag redet sie nicht gerne. „Ich kann meinen Mann keine Sekunde mehr aus den Augen lassen, man kann sich das gar nicht vorstellen.“
Früher habe er mit Leidenschaft im Haus gebastelt, heute wisse er nicht mehr, wozu eine Steckdose da sei. „Diese Veränderung kann man kaum beschreiben“, sagt sie mit erstickter Stimme. Ihre Tochter habe sie auf das Angebot im St. Antonius-Krankenhaus aufmerksam gemacht: „Wir sind dann mal hergekommen, um uns alles anzusehen.“ Hier im Demenzcafé könne sie für ein, zwei Stunden durchatmen. Traurig lächelt sie ihrem Mann zu, der gegenüber auf einem Sofa sitzt.
Noch bis letzten Monat fanden die Treffen in der Cafeteria statt. Nun sitzen alle ein paar Schritte weiter im „Erinnerungszimmer“, das wie ein liebevoll eingerichtetes Wohnzimmer aussieht: Blumentapete, Schränke und Sofas vom Typ „Gelsenkirchener Barock“, ein altes Waschbrett, eine Zinkbadewanne, Puppen. „Oft erinnern sich die Patienten beim Anblick dieser Dinge an früher“, berichtet Jutta Delfs, die das Demenzcafé mit ihrer Kollegin Monika Limberg betreut. Auch Spiele und Trainings beispielsweise mit alten Postkarten, Bildern oder Kleidung, seien hilfreich. Und natürlich Gespräche.
„Wo haben Sie denn Ihre Frau kennengelernt“, fragt Delfs kurze Zeit später einen Patienten. Prompt kommt die Antwort: „Beim Tanzen im Karneval.“ Auch ein anderer grauhaariger Herr aus der Runde hat seine Gattin bei einer Tanzveranstaltung getroffen. „Das waren noch Zeiten damals“, sagt er.
Sogleich entwickelt sich ein lebhaftes Gespräch. „Der Jopi Heesters, der hatte immer junge und flotte Frauen“, weiß einer. „Kein Wunder, so schnieke wie der war“, meint ein anderer. Manche Dinge vergisst man nicht.