Kirchhellen. .

Dass jemand Tomaten auf den Augen hat, ist eigentlich keine nette Redensart. Das galt aber nicht, als Kinder der Grundschule Grafenwald ihren Ernährungsführerschein erhielten. Als Vorspeise wurden hier nämlich „Brotgesichter“ gereicht. Da waren die Augen aus Tomaten, der Mund aus Paprika und der Schnurrbart aus Schnittlauch. Das Brot selbst war natürlich aus Vollkorn. Die Hauptspeise bildeten zwei Nudelsalate, und zum Dessert gab es Obstsalat mit Äpfeln, Bananen und Birnen.

„Im Sommer haben wir das mit Erdbeeren und Joghurt gemacht. Jetzt haben wir Zitronensaft genommen“, erklärt Nachwuchsköchin Julia die Variation. Das Drei-Gänge-Menü war die praktische Prüfung und damit der Abschluss des Kurses; Eltern und Geschwister waren eingeladen und durften probieren.

Spülen und Abräumen gehörten zur Prüfung

Sechs Wochen lang hatten die Kinder alles rund ums Kochen gelernt. Dazu zählte aber nicht nur das Zubereiten selbst, sondern auch die Vor- und Nachbereitung. Es gab sogar eine Anleitung, wie man hinterher richtig abspült. Auch Händewaschen und andere Grundlagen der Hygiene standen auf dem Lehrplan. Zum Beispiel, dass man sich bei langen Haaren einen Zopf machen muss oder die Regeln zum Abschmecken beachtet: „Man nimmt mit einem Löffel das Essen und legt es dann erst auf einen anderen. Aber nie mit dem Löffel ins Essen, von dem man probiert hat!“

Das konnten alle Kinder genauso aus dem Effeff aufsagen wie die Ernährungspyramide. „Es geht ja darum, dass die Kinder etwas Gesundes kochen“, erklärte Erzieherin Anne Blome. Und wenn man doch mal was vergessen hat, dann helfen die Protokollhefte, in denen alles genau beschrieben ist. Die Hygiene-Vorschriften braucht man schließlich immer, aber man kann nicht jedes Rezept im Kopf haben. „Irgendwas mit drei Teelöffeln“ erinnerte sich die 9-jährige Lysann noch vage an die Zutaten fürs Salatdressing. Ein kurzer Blick ins Heft, schon ist alles wieder präsent.

Zu Hause wird
jetzt weitergekocht

Zu Hause können sie damit schon fleißig ihren Eltern in der Küche helfen, und den einen oder anderen Tipp guckt die Mama sich dann vielleicht auch noch heimlich ab. Lysann hatte das Kochfieber gepackt: „Ich wünschte, ich könnte noch mal mitmachen.“ Ob sie denn zu Hause auch neue Rezepte ausprobieren wolle? Sie nickte energisch.

Die Unterstützung durch die Eltern war ein wichtiger Bestandteil des Projekts. Die Kinder brachten die Zutaten und Küchengeräte zum Teil von zu Hause mit und die Resonanz, die sie erfuhren, spornte sie an. Generell sei der Bedarf für solche Projekte gestiegen, da das Bewusstsein für gesunde Ernährung immer geringer werde, erklärte Christel Hemmert-Pottmann. Sie ist Fachfrau für Ernährung und führt das bundesweite Projekt an verschiedenen Schulen durch.

In Grafenwald fand der Kurs zum zweiten Mal statt, die Rückmeldung sei durchweg positiv. „In ländlichen Gegenden ist der Bedarf generell nicht so hoch wie in den Städten und Ballungsgebieten. Hier haben viele Eltern oder Großeltern noch einen eigenen Garten.“ Doch auch hier mache so ein Kurs Sinn: „Man muss wissen, wie man die Kinder richtig anleitet.“