Kirchhellen.

. Acht Jahre jung war Stefan Mersch, als der „größte und aufregendste“ Ort seiner Kindheit die Pforten schloss. Vergessen hat er ihn bis heute nicht: „Für mich waren die Familienausflüge in den Traumlandpark immer etwas ganz Besonderes.“

Um die Aufregung der Kinder möglichst im Zaum zu halten, hätten die Eltern sie immer erst am Ausflugstag überrascht: „Sie haben mich und meine Schwester früh morgens geweckt und gesagt, dass wir wieder zu den Dinosauriern fahren“, erzählt der Essener. „Und sofort hatte ich dieses mulmige Gefühl in der Magengrube.“ Schließlich führte der Weg in den Park zunächst durch einen Wald, der ihm „dunkler und geheimnisvoller vorkam als alles, was ich je gesehen hatte.“

Lebensgroße Urzeittiere

Mit klopfenden Herzen sei er durch das Dickicht gelaufen, wo sich „urplötzlich ein dicker Baumstamm in das Bein eines gigantischen Dinosauriers verwandelte“. Mehr als dreißig lebensgroße Urzeittiere, von Mammut bis Säbelzahntiger, standen in dem Dinosaurier-Freilichtmuseum, das damals das größte seiner Art in Europa war. Mersch lächelt, als er daran zurückdenkt: „Jedes Mal habe ich mich aufs Neue gegruselt.“

Auch die große Achterbahn habe ihm einen „Heidenrespekt“ eingeflößt. Knapp dreißig Meter hoch und einen Kilometer lang war das Fahrgeschäft, vor dem auch der größte Heldenmut streikte: „Reingetraut habe ich mich nie“, gesteht Mersch.

Begehbares Herz

Das Pferdekarussell und die Kinderautos seien schon eher nach seinem Geschmack gewesen. Ebenso das für damalige Verhältnisse „unglaublich spektakuläre“ 180-Grad-Kino namens „Cinema 2000“, in dem man „plötzlich ganz schief stand.“

Für Adrenalinschübe sorgte auch die rote Piratenschaukel, in der man „gefühlt stundenlang, aber in Wirklichkeit wohl höchstens eine halbe Minute“ auf dem Kopf stand. Nicht zu vergessen natürlich das zwölf Meter hohe begehbare Herz: „Innen pulsierte es wie bei einem echten Herz, das war total spannend.“

Aufkleber am Auto

Der kleine Stefan wusste nichts davon, dass die ersten Betreiber des Parks, Ida und Hans Rosenberg, bereits Mitte der Achtziger-Jahre Schulden von rund zwölf Millionen Mark angehäuft und Konkurs angemeldet hatten. Auch unter der Leitung des Essener Unternehmers Wolf-Dieter Jahn sollte das „Neue Traumland“ trotz Investitionen in Millionenhöhe nur einen kurzzeitigen Aufschwung erleben und bereits 1991, nur fünf Jahre nach der Wiedereröffnung, endgültig seine Pforten schließen. Der Knirps ahnte nichts von den Protesten der Feldhausener Bürger gegen den Ausbau des Freizeitparks und das langjährige Tauziehen um eine Umgehungsstraße zum Traumlandpark-Gelände. Vermutlich wäre es ihm damals auch egal gewesen.

Zurück auf dem Parkplatz klebte nämlich ein neuer Aufkleber mit Traumlandpark-Logo auf Papas Auto. „Wir Kinder waren dann mächtig stolz“, so Mersch. Bei jeder Gelegenheit habe er an anderen Autos nach solchen Aufklebern Ausschau gehalten, verrät er mit einem Schmunzeln: „Der Traumlandpark war für mich einfach das Größte.“