Was macht eigentlich der Ex-Bundestagsabgeordnete Dieter Grasedieck? Er hält Seminare an der Uni Essen-Duisburg, an der Babes-Bolyai-Universität im rumänischen Klausenburg und an der Fachhochschule Bochum. Bleibt zwischendurch Zeit, gibt er „Gastspiele“, wie in diesem Frühjahr an einem College in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad. Ach ja: Und so ganz nebenbei hat der 65-Jährige seinen Doktortitel gemacht.
Soviel zum (Un-)Ruhestand.
An der Promotion im Fach Erziehungswissenschaften arbeitete Dipl. Ing. Grasedieck in den letzten fünf Jahren, seinen Briefkopf schmückt jetzt ein „Dr. phil.“. Das Thema „selbst organisiertes und kreatives Lernen“ beschäftigt den Grafenwälder indes seit über 30 Jahren: „1979 bereits habe ich einen Forschungsbericht veröffentlicht, der sich mit Hausaufgaben als Förderung kreativen Lernens beschäftigt.“ 10 Veröffentlichungen zu ähnlichen Themen folgten. In seiner Doktorarbeit, in Buchform erschienen als „Tele-Tutoring fördert das selbst organisierte Lernen“, sucht Grasedieck nach Wegen, effektives Lernen mit moderner Medienwelt zu verbinden: „Durch die neuen Medien verwischen Arbeits- und Privatbereich zunehmend. Lernen kann heute überall und zu jeder Zeit stattfinden.“ Grasedieck suchte u.a. nach dem Grund, warum Privatschulen in England oder den USA erfolgreicher ausbildeten als andere Schulen in Europa. Einer der Gründe: Tele-Tutoring. „An der Uni Oxford etwa diskutiert der Hochschullehrer mit ein bis fünf Studenten über ihre Semesterarbeiten“, erzählt der gebürtige Gladbecker, „die intensive Beratung führt der Dozent oder Lehrer beim Tele-Tutoring mit dem Computer über das Internet durch.“ Per e-mail etwa. Ein bis fünf Studenten, eine ideale Schüler-Lehrer-Relation, die nicht nur hier zu Lande viele Neueinstellungen von Lehrkräften voraussetzte, weiß der frühere Oberstudiendirektor der Metallberufsschule Gelsenkirchen.
In Deutschland gibt es aber schon erste Versuche, sogar in der Arbeitswelt. Grasedieck, für die SPD von 1994 bis 2009 im Bundestag: „In Troisdorf lassen sich die Lehrer Zeichnungen von ihren Schülern per e-mail schicken, um bei Projekten Kontakt zu halten.“ So können schnell fehlgeleitete Sichtweisen und Arbeitsschritte korrigiert werden. Im Vergleich von Gruppen mit und ohne Tele-Tutoring ermittelte Grasedieck auch eindeutig: „Die Ergebnisse ohne Tele-Tutoring waren schlechter.“
Aber Grasedieck arbeitet nicht nur im Dienste der Wissenschaft. Grafenwälder sehen ihn nahezu täglich joggen, zweimal die Woche zieht er im Gladbecker Freibad seine Bahnen. Und auch die Politik hat ihn nicht ganz losgelassen: „Wenn die Freunde im Ortsverein rufen, komme ich.“