„Rudolf’ da: Fasülye, Misir ve Lahana. Lambalardan sol, 800m sag.“ Seit Jahren gibt diese „Geheimschrift“ auf einem knallgelben Schild an der Feldhausener Straße Rätsel auf. Rudolf Königshausen übersetzt die Vokabeln, schließlich hat seine ganze Familie Türkisch gelernt: „Bei Rudolf: Bohnen, Maiskolben und Weißkohl. An der Ampel links, 800 m rechts.“ Ziel: Bauckholts Hof an der Dorstener Straße 16.

Die Sprache für Waren und Wegweiser verraten den Kundenstamm des Feldhausener Landwirts: In seinem Direktvertrieb decken sich überwiegend türkische Mitbürger mit frischem Gemüse ein. Seine Spezialisierung auf muslimische Kunden startete er Mitte der 1980er Jahre mit Mais, Zwiebeln und Rindfleisch.

2003 aber gelang ihm der große Wurf: mit einer türkischen Bohnensorte. „Wir haben zunächst nur einen Versuch gestartet auf 2400 Quadratmetern“, erinnert sich Königshausen junior, Jochen, „es war an einem Samstag, das Feld haben wir um 8 Uhr geöffnet, und um 9.30 Uhr kam jemand, der sich beschwerte, wo denn die Bohnen seien – alle waren weg!“ Hunderte müssen in kürzester Zeit gepflückt, gepflückt haben. Heute sind es Tausende, die auf mittlerweile 250 000 qm die Delikatess-Bohne ernten. Am Wochenende werden die Felder am Lohbraucksweg geradezu gestürmt. Und die Selbstpflücker kommen beileibe nicht nur aus dem Ruhrgebiet: Sie reisen in ganzen Familie an, von Hamburg bis Berlin, aus Luxemburg, Frankreich, Belgien und den Niederlanden, ja sogar aus England. „Diese Familie pflückt samstags, sonntags und wohnt bis zur Rückkehr auf die Insel bei Verwandten in Oberhausen“, weiß Rudi Königshausen. Hinter dem Stichwort Familie verbirgt sich die simple Vermarktungsstrategie: Mundpropaganda. Nicht zu vergessen das Handy. Rudi hebt alle zehn Finger hoch: „Du musst jedes Mobiltelefon mal zehn rechnen.“ Es spricht sich eben viel rum in einer Großfamilie.

Auch Gemüse- und Supermarkthändler haben die platte und ca. 20 cm lange Bohne entdeckt. Ein Kunde aus Düsseldorf steuert Bauckholts Hof in der Erntezeit zweimal am Tag an und verkauft sie am Rhein zu einem erklecklichen Aufpreis. Gepflückt kostet das Kilo Bohne 1 €. Entdeckt haben Königshausens die Bohne bei Türkei-Urlauben im Landesinneren und in Bergdörfern. Der Samen wird über Großhändler aus Holland importiert. Der Anbau der kniehoch und daher pflückfreudig wachsenden Pflanze ist kompliziert. Doch wächst sie erst, wächst sie wie der Teufel: „2 cm am Tag, da kannst du beim Wachsen zugucken“, so Jochen Königshausen. Zum Geschmack der Schote mit den winzigen, weißen Böhnchen: phantastisch (Selbstversuch des Redakteurs).

Die Direktvermarktung für Muslime bei Königshausen hat sich bis in die Türkei rumgesprochen: „Alle drei Wochen kommt eine türkische Delegation, um unsere Be-triebsart zu kopieren“, ist Familie Königshausen stolz. Im türkischen Fernsehen wurde Bauckholts Hof als „Vorbild für Integration“ vorgestellt.