Kirchhellen. Pastor Ulrich Witte und Pastoralreferentin Caroline Johnen haben schnell viel verändert in St. Johannes. Das stößt aber auch auf Widerstand.

Nach 100 Tagen im Amt hat das neue Pastoralteam von St. Johannes eine erste Zwischenbilanz der Veränderungen vorlegt, die sie angestoßen haben. Dazu gehört auch die neue Gottesdienstordnung.

Pastor Ulrich Witte, Pastoralreferentin Caroline Johnen und Pater Periya Madalaimuthu haben sich nicht viel Zeit gelassen nach dem Dienstantritt des neuen Teams ab Mitte September. In einer Klausurtagung mit dem Pfarreirat haben sie Zielvorgaben abgesteckt für die „Neugestaltung des gemeinsamen Weges“, die sich niedergeschlagen haben in der Gestaltung der Messen und einer stark veränderten Gottesdienstordnung.

„Viele haben auf einen Neuanfang gewartet“

„Wir wollten nicht ein Jahr warten, bis wir etwas ändern“, sagt Ulrich Witte. „Wir haben schon bei unserer sehr herzlichen Aufnahme bemerkt: Viele haben auf einen Neuanfang gewartet.“ Deshalb läuft der Prozess jetzt umgekehrt: Das Team hat sofort Umstellungen vorgenommen - und wartet jetzt die Ergebnisse ab. „Wir gucken ein Jahr, wie sich die Dinge entwickeln, und dann überlegen wir neu“, sagt Caroline Johnen.

Die neue Gottesdienstordnung hat das Team nach vier Vorgaben entwickelt: Es muss mit zwei statt wie früher mit drei Priestern zu schaffen sein. In jeder Kirche sollen jede Woche verlässlich vier Messen stattfinden. An jedem Werktag ebenfalls eine Messe in einer der drei Kirchen. Und: In jeder Kirche und an jedem Wochenende soll Zeit sein für Taufen. Das gehört zum neuen Angebot, „Platz und Zeit für individuelle Angebote zu schaffen“. Für Taufen (85 gab es 2018), Trauungen (58) und Beerdigungen (134).

Hinter dieser Neuordnung steht ein pragmatischer Ansatz, sagt Witte: „In den Augen vieler Menschen sind wir Dienstleister. Wenn wir so wahrgenommen werden, machen wir mit verlässlichen Angeboten damit auch einen Anfang. Im besten Falle nehmen die Menschen dann mit: Da ist ein inhaltliches Angebot, das mich anspricht.“

Neue Gottesdienstordnung

Die Katholiken in Kirchhellen-Mitte verlieren durch die neue Gottesdienstordnung die Hälfte der bisherigen Messen, die gut besucht waren. Eine der vier verbliebenen Messen wird zu einer recht ungewöhnlichen Zeit Samstag um 9 Uhr früh stattfinden. Es gibt Gläubige, die empfinden diese und andere Änderungen als Verlust. „Natürlich musste St. Johannes viel abgeben“, sagt Ulrich Witte. Aber: „Wir hatten ohnehin zu viele Messen in St. Johannes.“ Und: „Wir merken, es regt sich Widerstand. Aber auf der anderen Seite erleben wir eine enorme Bereitschaft, sich auf unseren Weg einzulassen.“ Zu der 9-Uhr-Messe am Samstag sagt er: „Ich bin sicher, dieses Angebot findet seine Abnehmer.“

Auch den Gottesdienst hat Witte verändert. Er predigt zum Beispiel nicht vor, sondern unter den Gläubigen zwischen den Kirchenbänken. Und bekommt für seine Worte wie zuletzt in Grafenwald auch mal Szenenapplaus. Den Impuls dazu habe sein Mentor gegeben mit der Frage: „Warum willst du über die Köpfe der Leute hinwegreden? Man ist so weit weg.“ Witte: „Ich habe das Glück, dass ich das Ganze frei vortragen kann und nicht auf den Ambo angewiesen bin.“

Deutlich wird Witte, wenn es um Veränderungen in der Messe geht und um seine Weigerung, an allen Versammlungen in der und um die Kirche teilzunehmen. „Wir können nur so Liturgie feiern, wie es unserer Einstellung entspricht“, sagt er. Und: „Ich möchte nicht immer der Vortänzer sein.“ Er versteckt sich dabei nicht hinter seinem Arbeitspensum, sondern sagt: „Ich bin nicht bereit, mich bestimmten Wünschen zu beugen.“

Die Wallfahrt nach Kevelaer, hier eine Szene aus dem August 2017, ist nach Einschätzung des neuen Pastoralteams „eine Tradition, die sich selbst trägt“.
Die Wallfahrt nach Kevelaer, hier eine Szene aus dem August 2017, ist nach Einschätzung des neuen Pastoralteams „eine Tradition, die sich selbst trägt“. © Susanne Breit

Traditionen sollen sich selbst tragen

Ebenso deutlich sagt der leitende Pfarrer aber auch: Er hat nicht vor, Traditionsveranstaltungen anzutasten. „Die Gruppen, Vereine und Verbände laufen richtig gut“, lobt er Veranstaltungen wie das Krippencafé oder die traditionsreiche Kevelaer-Wallfahrt: „Das ist ein gutes Beispiel für eine Tradition, die sich selbst trägt. An uns werden solche Aktionen nicht scheitern.“ Gleiches gelte für die Beteiligung der Gemeinde an Dorf-, Schützen- und Brezelfest.

Das Team möchte nach eigenen Angaben Ermöglicher sein für weitere Aktionen, die sich selbst in der Gemeinde tragen. Zum Beispiel die Show „Licht und Leben 2.0“, die Johannes Schroers mit den Schülern des Vestischen Gymnasiums während des „Wintertreffs“ auf dem Johann-Breuker-Platz in die Kirche geholt haben, sagt Witte: „Da möchte ich mehr von haben.“

„Wir werden nicht in diesem Tempo weitermachen“

Nach den vielen schnellen Veränderungen will das Pastoralteam jetzt erst mal beobachten, wie die Gläubigen reagieren. „Unser Vorpreschen erhöht eine Erwartungshaltung nach noch mehr Veränderung“, sagt Witte. „Aber wir werden nicht in diesem Tempo weitermachen.“ Zumal die nächste große Aufgabe schon wartet: Ende Mai beginnt die Sanierung von St. Johannes. „Die evangelische Kirche bietet uns in der Umbauzeit Asyl an“, sagt Caroline Johnen. Wie lange der Umbau dauert? Ulrich Witte schaut skeptisch. „Der Architekt sagt Ende Januar. Also rechne ich mit Mitte März.“

Zur Person: Ulrich Witte

Nach seiner Weihe trat der gebürtige Coesfelder Ulrich Witte seine erste Stelle als Kaplan in St. Christophorus in Emmerich an. 2010 wechselte er in die Pfarrei St. Johannes Baptist nach Garrel im niedersächsischen Teil des Bistums Münster.

2011 wurde der 44-Jährige Vicarius Cooperator in Heilig Geist in Hamm (Bockum-Hövel), bevor er 2014 für die Übernahme einer Aufgabe in der Katholischen Militärseelsorge freigestellt wurde.

2016 wurde er Subsidiar in der Laerer Pfarrei Heilige Brüder Ewaldi.

Im Mai 2019 verkündete Bischof Felix Genn: Witte wird ab 15. September neuer Pfarrer von St. Johannes.