Werner Koller zieht nach 33 Jahren als CDU-Ratsherr eine kleine politische Lebensbilanz.
Die Sitzungen der Bezirksvertretung Kirchhellen sind stets gut besucht. Von Bürgern, die sich in eigener Sache informieren und der politischen Diskussion im O-Ton folgen. Von Ratsherrn einiger Parteien, die den hautengen Kontakt zur Basispolitik spüren wollen. Nur wenige Sitzungstermine des „Dorfparlaments” verpasste in den letzten 33 Jahren ein CDU-Ratsherr, der 20 Jahre selbst Sprecher der Bezirksfraktion war, bei der letzten Kommunalwahlen aber nicht mehr für ein politisches Amt antrat: Werner Koller. Mit dem 67-jährigen ehemaligen Lehrer der Hauptschule Kirchhellen zog WAZ-Redakteur Franz Naskrent eine kleine politische Lebensbilanz.
Als wir uns 1983 kennen gelernt haben, tagte der Bezirk im Saal der Gaststätte Schulte-Wieschen. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dieser Zeit?
Werner Koller: Das war die hohe Zeit der CDU Kirchhellen mit Berthold Tönnes, Erhard Grawe, Werner Dierichs, Ferdi Butenweg. Da ging manchmal schon morgens um 7 Uhr das Telefon. Meist war's der stets hoch motivierte Berthold Tönnes, der wieder einen Antrag vorbereitet hatte. Es war eine ganz andere Zeit, stark geprägt von der kommunalen Neuordnung 1976, als Kirchhellen seine Selbstständigkeit verlor.
Mittlerweile führen Kirchhellen und Bottrop doch eine gute Ehe.
Die CDU hat ja auch peinlich darauf geachtet, dass die im Gebietsänderungsvertrag vereinbarten Maßnahmen umgesetzt wurden. Das war nicht leicht bei den konträren politischen Mehrheiten. Dank ständigen Insistierens haben wir der Stadt aber zum Beispiel das Vestische Gymnasum und die Büchereifiliale abgetrotzt. Heute kann man sagen, dass nur noch das Freibad fehlt.
Und dann ist da noch ein ganz besonderer Erfolg: Wir haben als Bezirk einen Prozess gegen die Stadt gewonnen, gegen die Verschleuderung von öffentlichen Mitteln für das Heizkraftwerk an der Feuerwache. Das OVG Münster hat anschließend den Bezirksvertretungen sogar mehr Eigengewicht zugestanden.
Aber mittlerweile fühlen Sie sich als Bottroper.
Nach Kirchhellen bin ich 1966 gekommen, als Lehrer an die Hauptschule. Und habe mich hier schnell wohl gefühlt. Ich kenne ja dörfliche Strukturen, komme aus Coesfeld-Gescher. Über Verbände wie Heimatverein, Kolpingsfamilie, Bürgerschützen- und Brezelbrüder habe ich hier schnell Kontakt gefunden. Früher haben wir immer in Gladbeck eingekauft, aber schon lange sind wir nach Bottrop orientiert. Die Stadt hat eine gute Wirtschaftspolitik betrieben. Und eins muss man zugeben: Es ist ein Glücksfall für Bottrop, dass CDU und SPD an einem Strang gezogen haben.
Wie sind Sie eigentlich zur CDU gekommen bzw. zu Ihren politischen Ämtern?
Im Zuge der Diskussion um den § 218 gab es 1972 in der damaligen Gaststätte Dickmann-Becker eine Diskussion. Veranstalter war die FDP, die Kneipe war brechend voll. Die Ordensschwestern vom Antonius-Krankenhaus haben vehement gegen die Abtreibung argumentiert, die FDP dafür. Das war für mich Antrieb, der CDU beizutreten. Einige Jahre später habe ich eine CDU-Versammlung besucht und wurde von der Frau meines Schulleiters Hans Büning als Kandidat für den Bezirk vorgeschlagen. Dann ging alles ganz schnell: Ich wurde gewählt und auf Vorschlag von Ferdi Butenweg sogar zum Fraktionsvorsitzenden.
Seit 1979 waren Sie per Doppelmandat in Bezirk und Rat. Macht eine solche Belastung Sinn?
Durchaus: Ich habe immer großen Wert darauf gelegt, dass Rat und Bezirk an einem Strang ziehen. So habe ich gelernt, wie man in der Politik auf mehreren Gremienebenen arbeitet. Ich habe viele Freunde gefunden, auch im gegnerischen Lager. Das geht in der Politik aber nur mit vornehmer Distanz und ohne Aggressivität. Und es ist eine Genugtuung, dass man in der Politik Ideen verwirklichen kann. Ein Etatposten, der beim Gesundheitsamt angesiedelt ist, geht sogar auf meine Initiative zurück: für notleidende Schwangere, ihnen wird dort geholfen, wo es die Stadt nicht mehr kann und darf.
Sie gelten als Förderer der neuen CDU-Kreisvorsitzenden Dorothée Askemper, die Sie nach 20 Jahren als Bezirksfraktionssprecher beerbt hatte. Das gleiche gilt für die Newcomerin im Rat, Dr. Anette Bunse.
Ich habe viele Mitglieder in die CDU aufgenommen. Meine Auffassung ist es, junge Leute rechtzeitig nach vorne zu bringen. Und ich sage immer: Du musst Verantwortung übernehmen. Mitläufer können nur das machen, was andere vorgemacht haben.
Sie gehörten lange dem Sozialausschuss der Stadt an und waren seit 1999 Vorsitzender der Stottrop- und der Lordick-Stiftung. Ihr soziales Engagement reicht bis nach Brasilien: in die Bom Conselho-Stiftung von Pater Zito, bei der sich auch ihre Frau Hedwig sehr engagiert.
Neben der Vertretung Kirchhellener Interessen in der Gesamtstadt war für mich die Arbeit im Sozialausschuss sehr wichtig. Hier konnte ich mein Wort für jene Personen ergreifen, die die Hilfe der Gesellschaft besonders nötig haben. Und im Projekt von Pater Zito, wenn ich das so sagen darf, habe ich eine Art Erfüllung gefunden.