Kirchhellen. Bildhauer Guido Hofmann restaurierte den „Dornengekrönten“ seines bekannten Kollegen Gottfried Kappen. Figur beschädigt im Garten wiederentdeckt.
An Gottfried Kappen kommt in dieser Region so schnell niemand vorbei. Nicht nur, weil seine bekannten, überschlanken Figuren mit den beinahe transparenten Gesichtszügen (noch) in unzähligen Kirchen, auf Friedhöfen oder anderswo im öffentlichen Raum zu finden sind. An der viel befahrenen B 224 gibt es sogar einen Wegweiser nach Wittringen, den Kappen vor über 50 Jahren schuf. Von Bayern bis Berlin sind seine Arbeiten zu finden.
Da mutet es fast seltsam an, dass im Garten seiner Schwiegertochter in Brabeck jetzt zwei lebensgroße Figuren aus Mitte der 60er Jahre auftauchten, die offenbar vergessen waren. „Der Dornengekrönte“ und der „Leidensmann“ - zwei typische Figuren aus dem Polyester-material, mit dem Gottfried Kappen (1906 - 1981) seit den 50er Jahren vorwiegend arbeitete.
Fast 20 Kilo Polyester verarbeitet
Die schlammgrauen Skulpturen, bei denen Kappen - wie so oft nach dem Krieg - sich mit Thema Leiden, Schmerz, Tod aber auch der Auferstehung auseinandersetzte, hatten schwer gelitten. „Agnes Kappen entdeckte sie in ihrem Garten, die waren vermoost, es fehlten zum Teil Arme und Beine“, sagt Guido Hofmann. Der Torso des „Leidensmanns“ trägt sogar noch Spuren von Erde und längst vergangenem Gras auf seiner zerfurchten Oberfläche.
Der „Dornengekrönte“ dagegen ist mit seinen etwa 1,60 Metern Höhe fast fertig restauriert und ergänzt. 20 Kilogramm Polyester - Spuren des beißend-chemischen Geruchs hängen immer noch im Werkstatt-Atelier - hat Guido Hofmann neu verarbeitet. „Auch der Unterbau musste teilweise wieder hergestellt werden“, so der Künstler, der normalerweise seiner eigenen Fantasie freien Lauf lässt. In diesen besonderen fällen geht es aber um Restaurierung, Ergänzung, in gewisser Weise also der Nachschöpfung der Arbeiten des berühmten Kollegen.
Flexibles Material begeistert
Der fast fertige „Dornengekrönte“ fand sogar schon einen Käufer. Ein kunstbegeisterter Unternehmer aus Kirchhellen hat die Skulptur erworben.
Der Rumpf des Leidensmanns muss weitaus stärker ergänzt werden. Es fehlt der Sockel, das Aluminiumgestänge, das Kappens Figuren Halt verleiht, ragt aus den Polyesterresten wie ein Knochengestell heraus.
Blickt man von unten ins Innere der Figuren, lässt sich unschwer eine gehärtetes Gewebe erkennen, das das zunächst formbare Polyestermaterial bis zu dessen Erhärten hält. Gottfried Kappen zählte Mitte der 50er Jahre zu den Ersten, die dieses Material einsetzte. Er, der Plastiktrinkbecher verabscheute, war von der Flexibilität dieses neuen Werkstoffs jedoch überzeugt und seine Werke zeugen bis heute von den vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten des Polyesters. Er entwarf übrigens auch Profanes wie Türgriffe oder ein abstraktes Wandrelief für die BASF.
Er entdeckte für sich Polyester als Arbeitsmaterial
Recklinghausen, Gladbeck, Berlin, Kirchhellen: Das waren die Stationen im Leben von Gottfried Kappen. Mit seiner Gladbecker Kindheit und Jugend - sein Vater war Bürgermeister von Gladbeck - und den Jahren von 1948 bis 1981 in Kirchhellen erklärt sich die Verbundenheit zu dieser Region. Schon in den 20er Jahren stellte eine Berliner Galerie am Ku-damm seine Arbeiten aus. Die damalige Reichspost gehörte mit Bauskulpturen ebenso zu seinen Auftraggebebern, wie nach dem krieg die Kirche. Nach einer Ausstellung in Berlin erhielt er 1945 einen Auftrag für eine Muttergottesfigur in der dortigen St.-Matthias-Kirche.
Kappen lebte seit 1948 in der Brabecker Mühle
Ab 1948 lebte und arbeitete er in der historischen Brabecker Mühle. Später hatte er noch ein Atelier im Turm des alten Rittersitzes. Skulpturen von Gottfried Kappen finden sich zum Beispiel am Chor der Kirchhellener Kirche St. Johannes, auf dem Friedhof Feldhausen oder bei der Schule in Grafenwald.
In Gladbeck schuf er die Stele im Rathauspark und viele Arbeiten für Gladbecker Kirchen, von denen einige aus inzwischen geschlossenen Gotteshäusern in die Hauptkirche St. Lamberti verbracht wurden.