Mit einer Mahnfeier am 1. September gedenkt die Stadt der von den Faschisten ermorderten Menschen mit Behinderung.
Helene Rednau ist nicht vergessen. Hitlers Helfer ließen sie ermorden. Helene Rednau war behindert. In der NS-Tötungsanstalt Hadamar haben Nationalsozialisten die junge Bottroperin deshalb getötet.
Am 31. Oktober wird der Künstler Gunter Demnig an der Gungstraße 67 in Welheim einen Stolperstein setzen, um an sie zu erinnern. Dort lebte Helene Rednau, bis die Nazis sie abholten.
Die Stolperstein-Aktion ist eingebettet in eine Reihe von Veranstaltungen zum Gedenken der Euthanasie-Opfer aus Bottrop. Am 1. September vor siebzig Jahren hatte Diktator Adolf Hitler in einem Geheimschreiben den sogenannten Euthanasie-Befehl erteilt, mit dem er die Ermordung behinderter Menschen legitimierte.
„Es gibt 105 Bürgerinnen und Bürger in Bottrop, die Opfer der Euthanasie wurden und einige hundert Menschen, die Opfer von Zwangssterilisationen wurden”, sagte Pastor Johannes Schildmann, theologischer Vorstand des Diakonischen Werks, während der Gedenkfeier zum Tag der Befreiung. Mit einer Mahnfeier im Stadtgarten am 1. September will die Stadt dieser Menschen gedenken. „Alle Namen werden verlesen”, sagte Michael Horst, Sprecher des Diakonsichen Werks. „Denn es geht darum, diese Menschen aus der Vergessenheit zu holen”, betonte er. In Anschluss an diese Mahnfeier sollen Ausstellungen in der Martinskirche und Podiumsdiskussionen auf das Schicksal behinderter Menschen währen der NS-Diktatur aufmerksam machen.
Die Mitarbeiter des Diakonischen Werks betreuen heute im Heinrich-Theißen-Haus auch behinderte Senioren, die zuvor als Beschäftigte in den Diakonie-Werkstätten gearbeitet hatten. „Sie sind den Nazis entkommen, weil ihre Familien sie versteckt hatten und weil auch keiner ihrer damaligen Nachbarn sie an die Nazis verraten hatte”, sagte Horst. Diakonie-Pfarrer Johannes Schildmann arbeitet seit einigen Jahren daran, die Schicksale der Bottroper Euthansie-Opfer öffentlich zu machen. Er fand heraus, dass auch in Aplerbeck Bottroper Kinder starben. Auf seine Initiative hin recherchierte eine achtköpfige Arbeitsgruppe, der auch Stadtarchivarin Heike Biskup und Gesundheitsamtsleiter Dr. Klaus-Dieter Erkrath angehören, in Archiven und in den von NS-Bürokraten geführten alten Akten des Gesundheitsamtes.
„Das ist ein sehr sensibles Thema”, betonte Stadt-Archivarin Heike Biskup. So hatte die Arbeitsgruppe versucht, mit einem öffentlichen Aufruf, Verwandte von Bottroper Euthanasie-Opfern zu einem Treffen ins Stadtarchiv einzuladen. „Daraufhin hat sich leider niemand bei uns gemeldet”, bedauerte Heike Biskup zwar, „darüber redet es sich ja aber auch nicht leicht”, zeigte sie Verständnis.
Hitlers Befehl
Der so genannte Euthanasie-Befehl gilt als die einzige Beauftragung zur Vernichtung von Menschen, die Hitler jemals selbst unterschrieben hatte. In dem Brief vom 1. September 1939 erteilte der Diktator den Auftrag, „die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischer Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann”.