Bottrop. . Für Guido Schulz brach mit dem Fall der Mauer vor 25 Jahren eine Welt zusammen. Damals war ihm klar, dass er im Osten bleiben will. Aber auch er verließ den Osten einige Jahre später, weil er dort keine Chancen mehr für sich sah. Seit 2011 lebt er in Bottrop.
„Für mich ist damals eine Welt zusammengebrochen“, erzählt Guido Schulz ganz offen. 20 Jahre alt war er, als die Mauer fiel. Und anders als viele damalige DDR-Bürger stand er auch nicht auf der Straße, um für die Freiheit zu demonstrieren, sondern nahm an einer Ausbildung zum Parteisekretär teil, noch dokumentiert durch eine sorgfältig verwahrte Urkunde.
„Alles, woran ich damals geglaubt habe, ist zusammengebrochen. Alles was vorher gut war, war plötzlich schlecht“, schildert der heute 45-Jährige seine damalige Gefühlslage. Sein Weg in der DDR war vorgezeichnet. Der Vater war aus Überzeugung SED-Mitglied, klar dass auch der Sohn mit 18 Jahren Kandidat wurde.
Der Schock traf tief im November 1989. Fast hätte man ihn noch aus der SED ausgeschlossen, erinnert sich Guido Schulz, als er nämlich voller Wut darauf bestanden habe, auch das Bild des gestürzten Honeckers zu entfernen. Dass in der Partei noch über einen Ausschluss nachgedacht wurde, wo sich doch alles in der Auflösung befand, lässt Guido Schulz noch heute den Kopf schütteln.
Nach der Wende voller Tatendrang
Auch interessant
Der 20-Jährigen nach der Wende „war voller Ideen und Tatendrang“, er wollte bleiben, wo doch so viele gingen. In einem Dorf namens Prosigk geboren, wuchs Guido Schulz dann im nahe gelegenen Köthen (Anhalt) auf. Hier besuchte er von 1975 bis 1985 die polytechnische Oberschule, machte danach eine Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenmonteur, nach der Wende auch noch eine Weiterbildung.
„Und dann wurde ich entlassen“, erinnert sich der 45-Jährige an das Schicksal, das er mit vielen teilte. Sein Betrieb war nicht mehr profitabel und wurde geschlossen. „Wie so viele andere, kam ich in eine Bildungs- und Beschäftigungsgesellschaft“. Er machte eine kaufmännische Ausbildung, fand keine Arbeit und hielt sich mit Jobs als Automatenaufsteller und Videothekenaufsicht über Wasser.
Noch bis 1996 blieb Schulz in seiner Heimat und ging dann doch ernüchtert in den Westen: „Im Osten sah ich keine Chancen mehr.“ Seine damalige Freundin erwartete ein Kind, es wurde geheiratet und nach Rheinland-Pfalz gezogen. Hier heuerte er bei einem Sicherheitsunternehmen an, bis ihn 2003 ein Arbeitsunfall zum Schwerbehinderten und 2005 zum Frührentner machte. Die Ehe zerbrach.
Der Liebe wegen 2011 nach Bottrop gezogen
Dass er heute in Bottrop lebt, verdankt Guido Schulz eigentlich Eva Moritz. Die gebürtige Bottroperin lernte er 2003 während einer Kur kennen. Sie hielten über viele Jahre den Kontakt und leben nun seit 2011 in Bottrop zusammen. „Ein Glücksfall“, wie der 45-Jährige findet, auch wenn beider Leben so unterschiedlich verlaufen sind. „Ich war nie in der DDR, wir hatten auch keine Verwandtschaft drüben“, erzählt Eva Moritz. Ihre Sicht auf die frühere DDR wurde erst später durch westliche Fernsehdokumentationen geprägt. Sie sieht die Vergangenheit nüchtern und lässt es ihrem Guido nicht durchgehen, wenn der manchmal dazu neigt, die Geschichte zu verklären. Dabei ist Guido Schulz doch eigentlich ganz im Hier und Jetzt angekommen, in Bottrop mit der Innovation City, in der Stadt, die ihn fasziniert wegen ihrer Entwicklung – auch wenn ihm der Ruhri an sich manchmal fremd ist. Bei der letzten Kommunalwahl hat Guido Schulz für die AfD kandidiert – „natürlich bei der Alternative für Deutschland“, sagt er – weil er vor Ort Politik mitgestalten will. Er wurde zum Bezirksvertreter für Bottrop-Mitte gewählt. Er hat noch viel vor.