Bottrop.

Bis heute kann sich Doris Ohm an das wunderbare Essen ihrer Großmutter Änne Hürter erinnern. „Wir waren fast jeden Sonntag dort und aßen im Gesellschaftszimmer - so hieß das damals - zu Mittag. Anschließend holten wir oft bei ,Piva’ noch Eis.“

Erinnerungen an eine Zeit, als die Wirtshäuser ebenso „brummten“ wie der Bergbau. Die Stadt war förmlich gepflastert mit Gaststätten. Viele haben seither aufgegeben. Andere - wie Hürter auf der Gladbecker Straße - trotzen dem veränderten Ausgehverhalten der Menschen in den letzten 20, 30 Jahre und halten durch - spüren teilweise sogar sanften Aufwind.

Darauf setzt auch Ramona Fleer. Die Marlerin und gelernte Hotelfachfrau übernahm das Traditionshaus, das immerhin bis 1975 von Familie Hürter geführt wurde, die bereits seit 1877 am Altmarkt -genauer an der Horster Straße 5 - ansässig war. „Lokal mit Fleer“ - das Wortspiel liegt nahe. Und Flair bringt Ramona Fleer auch in ihren Laden, den sie noch aus der Zeit kennt, als sie in der nahe gelegenen alten Mühle arbeitete.

Dass sie das Hürter-Flair in Teilen beibehält, wissen vor allem Stammkunden zu schätzen. Und das sind nicht nur die Fußballbegeisterten, die regelmäßig bei „Hermanns (Beckfeld) Auswärtsspiel“ dabei sind. Auch Jüngere können sich inzwischen für den nostalgischen Charme der immer noch den Raum beherrschenden 50er-Jahre-Theke und dunkles Holz erwärmen. Nein, ein Museum für Kneipenkultur will Ramona Fleer ebenso wenig betreiben, wie ihr Vorgänger Ossi Maier, der 1976 das Lokal von Familie Hürter übernahm. Er gehörte lange - bis zu seinem gesundheitsbedingten Rückzug 2011 - zu Bottrops bekannten Kneipiers. „Es war die Zeit der ,kleinen Kneipe’, wie Peter Alexander sie besang“, erinnert sich Maier. Werner Hansch (die Stimme des Reviers) zählt zu den Gästen, Hannelore Kraft kam sogar mal „inkognito“ nach einer Partei-Veranstaltung. Spätestens seit der „Bürgerstammtisch“ von der Rathausschänke ins Hürter zog, hat das eingessene Haus nicht mehr den Spitznamen „Sozi-Kneipe“.

Was hat sich verändert? Die Veranstaltungen - mit denen Ramona Fleer die Linie von Ossi Maier weiterführt - werden zahlreicher. Kürzlich gab es sogar eine mit 100 Gästen gut besuchte Studenten „Welcome-Party“. Die Live-Auftritte gehören zu Hürter, wie die bodenständige, frische Küche. „Linda!“: Da gerät selbst Doris Ohm ins Schwärmen - die eben noch die Küche ihrer Großmutter lobte. Gerade eilt Linda, die schon bei Ossi Maier für Qualität auf dem Teller sorgte, wieder in die Küche. Eine Damengruppe hat sich angesagt, denn Linda kann eindeutig mehr als ihre bekannten Frikadellen, guten Schnitzel und frischen Salat.

Im Gesellschaftszimmer lässt sich das abschmecken - auch mit vielen Gästen. Was Hüter sonst noch veranstaltet? www.gaststätte-hürter.de