Josef Hülsdünker vom DGB kritisiert viele Arbeitgeber. In Unternehmen mit festen Tarifverträgen und Betriebsrat kommt unbezahlte Mehrarbeit jedoch seltener vor, erklärt er. Die RAG hebt er als eine gutes Beispiel ausdrücklich hervor.
Mehr arbeiten als im Tarifvertrag festgelegt ist, das kennt man besser unter dem Begriff „Überstunden machen“. „Auch in der Bottroper Stadtverwaltung werden Überstunden geleistet“, sagt Lutz Küstner, Vorsitzender des Personalrats. Das sei vor allem auf die Einsparmaßnahmen zurückzuführen: Weniger Personal bedeute im Gegenzug mehr Überstunden.
Und davon leisten die Deutschen mehr als die Arbeitnehmer in allen anderen Ländern der Euro-Zone. Dies ergab eine aktuelle Studie der EU-Kommission, die für Aufsehen sorgt. Doch nicht jedes längere Arbeiten werde automatisch als Überstunde bezeichnet, weist Lutz Küstner auf die Komplexität der Thematik hin: „Es gibt Mehrarbeitsstunden, die nicht als Überstunden gelten. Überstunden sind hier bei uns all jene Stunden, die über die 39. Wochenstunde hinausgehen.“ Diese würden dann auch speziell vergütet, mit einem bestimmten Zuschlag pro Stunde.
Festgelegt sei die Regelung für die Mitarbeiter bei der Stadtverwaltung im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVÖD). Doch eine „allgemeine Regelung“, wie Überstunden in Betrieben oder Unternehmen vergütet werden sollten, „gibt es nicht“, benennt Küstner das Problem.
Auch Josef Hülsdünker, Geschäftsführer der DGB-Region Emscher-Lippe, kennt die Sachlage sehr genau. Der DGB selbst habe eine deutschlandweite Studie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: 17 Prozent aller Überstunden würden nicht bezahlt. Ebenso 17 Prozent aller Beschäftigten würden dauerhaft mit Überstunden belastet. Rund ein Viertel der Deutschen habe außerdem häufig mit Überstunden zu tun.
Dabei gehe das bei Weitem nicht nur auf Kosten der Arbeitnehmer. „Die Arbeitgeber verdienen doppelt“, erläutert Hülsdünker, denn sie bezahlten nicht nur die Arbeitnehmer nicht, sondern leisteten auch keine Sozialabgaben. Ganz einfach Schwarzarbeit sei das und reiße „Löcher in die Sozialkassen“.
Hülsdünker kennt auch die Lage bei der RAG. Doch da verliert er kein böses Wort, denn: „Die RAG hat sowohl einen Betriebsrat, als auch feste Tarifverträge“. Genau diese Konstellation sei die bestmögliche. Die Betriebsräte überprüften als Kontrollorgan, ob sich der Arbeitgeber auch an die Tarifverträge halte. Unbezahlte Überstunden seien deshalb kaum möglich. Ähnlich sieht Hülsdünker auch die Situation bei Karstadt.
Problematisch sei es üblicherweise in Handwerksbetrieben, wo aufgrund fehlender Tarifverträge unbezahlte Überstunden sehr viel häufiger seien.