Essen. Ob es in Bottrop tatsächlich eine Erpressung unter Müllmännern gab, das konnte die XVII. Essener Strafkammer nicht entscheiden. Die Beweise reichten jedenfalls nicht aus, so dass sie den 44 Jahre alten Angeklagten am Freitag freisprach.

„Schwer zu glauben“, sagte Richterin Gabriele Jürgensen ein ums andere Mal, als das mutmaßliche Opfer seine Geschichte erzählte. Laut Anklage war der 46-jährige Müllmann Anfang 2010 von einem Kollegen, dem jetzt Angeklagten, aufgesucht worden. In dessen Begleitung sei ein Unbekannter gewesen, der ihn beschuldigte: „Du hast meine Frau angefasst. Deshalb war ich wütend und habe die Möbel zertrümmert. Die musst Du zahlen, 42 000 Euro.“ Der 46-Jährige will zwar gesagt haben, dass er die Frau nicht kenne und niemanden angefasst habe. Der Mann hätte aber einen Stock gezogen: „Ich schlage Dich tot, wenn Du nicht zahlst oder zur Polizei gehst.“

Fortan soll der Müllmann wöchentlich rund 200 bis 500 Euro gezahlt haben; jeweils am Geldautomaten. Der Kollege stand daneben und kassierte sofort, angeblich für den Unbekannten. Zwei Jahre lang soll das gegangen sein, zwischendurch nahm der 46-Jährige Kredite über 72 000 Euro auf.

Freunde drängten ihn

Erst als Freunde ihn fragten, warum er als Junggeselle nie Geld habe, soll er sich ihnen anvertraut haben. Auf ihr Drängen ging er zur Polizei, erzählte die Geschichte auch dem Betriebsrat und dem Vorgesetzten. Der Chef, der beide immer noch beschäftigt, weiß nicht, was wahr ist: „Ich kann das nicht beurteilen.“

Das Landgericht auch nicht. Der Angeklagte hatte die Vorwürfe bestritten, sprach von einem früher guten Verhältnis zu dem Kollegen. Das mutmaßliche Opfer, dem Angeklagten körperlich überlegen, stellte manche Details anders dar als in seiner polizeilichen Vernehmung. Als „minderbegabt“ hatte ihn sein Hausarzt beschrieben.

Hatte nun der Angeklagte ein schlichtes Gemüt ausgenutzt oder der 46-Jährige eine Ausrede gesucht, weil er sein Geld, etwa beim Zocken, anderweitig ausgegeben hatte? Das blieb offen. Auf seine widersprüchliche Aussage ließ sich keine Verurteilung stützen.