Bottrop. Der Initiator der Arbeitsgemeinschaft Bottroper Chöre (ABC) wird am Donnerstag mit der Medaille des Verdienstordens dert Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Seit 1941 ist der heute 81-Jährige aktiver Chorsänger. Außerdem war er Initiator und Ideengeber u.a. der Bottroper Chortage - die in diesem Jahr wieder im September stattfinden. Auf seine Initiative ging auch die große „Aida“-Aufführung 2010 auf der Halde Haniel zurück.
Ein Leben ohne Chormusik wäre sicherlich möglich, ist aber bei Willibald Wiechers undenkbar. Der heute 81-Jährige, der in der kommenden Woche für sein Engagement in Bottrops Chorlandschaft mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet wird, singt seit seinem achten Lebensjahr in Chören der Stadt.
„Nach der Erstkommunion kam ich als Sopran in den Knabenchor von Herz Jesu, das war 1941“, erinnert sich Willibald Wiechers. „Damals bestanden die allermeisten Kirchenchöre nur aus Männern, wir Jungens mussten dann die hohen Stimmlagen besetzen“, sagt Wiechers, den damals bereits das Chorfieber gepackt hatte. In jenen Jahren war der Krieg noch nicht mit aller Wucht über Bottrop hereingebrochen und das Leben - auch im Chor - ging fast noch normal weiter.
„Schlimm wurde es erst ab 1943, als die schweren Luftangriffe die Stadt fast ganz in ein Trümmerfeld verwandelte“, so der Sänger. Auch in Wiechers’ Haus landete eine Brandbombe, die Mutter und Sohn mit Sand und Wasser löschten. Damals wohnte die Familie In der Schanze, nicht weit vom Bahnhof Osterfeld, dem größten Rangierbahnhof Deutschlands, der natürlich neben den Industrieanlagen bevorzugtes Ziel der alliierten Bomber war.
Aber die Familie Wiechers ist schon länger in Bottrop ansässig. „Mein Großvater kam aus dem Paderbörnschen und hatte eine erste Anstellung auf Schloss Welheim, dem Herrenhaus der ehemaligen Deutschordens-Kommende.“ Sein Vater wurde sogar noch in der alten, 1907 abgebrochenen Schloss-Kapelle getauft.
Bereits mit 16, kurz nach dem Krieg , trat Willibald Wiechers in den Männerchor „Concordia“ ein. Wenig später wurde er, der als erster Bottroper überhaupt seine Gesellenprüfung nicht nur als Polsterer sondern auch als Dekorateur ablegte. „Das wollte mein Vater so, der auch dafür sorgte, dass ich als Junge in den Herz Jesu-Chor ging. Damals wurden wir nicht groß nach unserer Meinung gefragt.“
Aber Wiechers hatte Glück: Beides sagte ihm zu. Auf seiner Ausbildung baute er auf, arbeitete sich hoch. Seine Chorlaufbahn nahm der immer noch rüstige und eloquente Bottroper ebenfalls selbst in die Hand. Nach der „Concordia“, in der schon sein Vater sang, - die heute mit dem Ruhröl-Chor zusammen arbeitet - trat er bald in das „Männerquartett 1881“ ein. Damals bis heute vielleicht der Vorzeige-Männerchor der Stadt. „Von vielen auch ,Stehkragenverein’ genannt“, erinnert sich Wiechers.
Seinem „Stehkragenverein“ ist er bis heute treu geblieben. Mit 81 singt er immer noch im zweiten Tenor. „So lange ich kann, bleibe ich dabei“. Oder: „Einmal dabei, immer dabei.“ Wenn Willibald Wiechers das sagt, glaubt man ihm sofort.
Man glaubt ihm sofort, dass er seine Ziele und Ideen hartnäckig verfolgt. „Da bin wie ein Terrier, wenn ich mich einmal festgebissen habe, verfolge ich eine Sache bis zum Ende.“
ABC, Aida und Ulla Kock am Brink
Selbst wenn man Willibald Wiechers auf dem Sofa gegenüber sitzt, ist seine Energie auch mit 81 Jahren noch immer spürbar. Kein Wunder, dass der Bottroper, der seit 73 Jahren immer noch aktiv im Chor singt, auch die Bottroper Chorszene prägte und bewegte. Als der regionale Sängerkreis 1999 einen Chorherbst veranstalten will und kurz darauf einen Rückzieher macht, sagt Wiechers, der damals bereits fast 50 Jahre im Männerquartett 1881 singt: „Warum sollen wir nicht mit Bottroper Chören unsere Chortage organisieren?“ Das war die Geburtsstunde der Leistungsschau hiesiger Ensembles, die in diesem Jahr vom 13. bis 28. September stattfindet.
Höhepunkt war sicherlich die große Open-Air-Aufführung von Verdis Oper „Aida“ auf der Halde Haniel. „Mit Dieter Wollek vom Kulturamt hatten wir sicher auch einen engagierten Unterstützer, der viele Türen öffnete. Aber auch das Engagement u.a. von Ulla Kock am Brink und anderer prominenter Moderatoren verschiedener Konzerte und schließlich die Gründung der Arbeitsgemeinschaft Bottroper Chöre (ABC) als gemeinsamer Plattform für gut 90 Chöre in der Stadt, gehört zu Wiechers Verdiensten, die jetzt- erneut - mit einer Auszeichnung gewürdigt werden.