Bottrop. Auch im traditionell katholischen Bottrop verzeichnet die katholische Kirche mehr Austritte. Als Gründe geben die Menschen oft das Verhalten des früheren Limburger Bischofs Tebartz-van Elst und fehlende Glaubwürdigkeit an
Auch im traditionell katholischen Bottrop verzeichnet die katholische Kirche mehr Austritte. Waren es im Jahr 2012 noch 189, so kehrten im vergangenen Jahr insgesamt 245 Menschen der Kirche den Rücken. Ein Trend, der im gesamten Ruhrgebiet Mode macht. Die Gemeinden in Gelsenkirchen, Oberhausen und Mülheim an der Ruhr verlieren im städtischen Vergleich zwar mehr Gläubige, doch diese Erkenntnis ist für die Geistlichen in Bottrop ein wahrlich schwacher Trost.
„Wir müssen innerhalb und außerhalb der Kirche nah bei den Themen der Leute sein“, sagt Stadtdechant Paul Neumann und blickt dabei in die Zukunft. Denn ihm sind die neuesten Zahlen aus der kirchlichen Jahresstatistik für das Ruhrbistum bekannt. „Wach zu sein. Das ist eine unserer wichtigen Aufgaben.“
Die Tradition schwindet
Keine leichte Aufgabe für die katholische Kirche, die 2013 im Ruhrgebiet so viele Menschen verloren hat wie zuletzt im Jahr 2000. „Diese Bilanz schmerzt uns sehr“, sagt Klaus Pfeffer, Generalvikar des Bistums. Vor allem die anhaltenden Diskussionen um den Bau der Residenz des damaligen Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst im Bistum Limburg haben die Menschen in ihrem Glauben erschüttert.
Die Nachwirkungen sind auch im 200 Kilometer entfernten Bottrop zu spüren. „Da hat die Glaubwürdigkeit von Kirche sehr gelitten“, sagt Paul Neumann. Viele von ihnen, die trotz der Vorfälle noch immer regelmäßig in die Kirche gehen, sprechen Neumann auf die Ereignisse an und empören sich. „Wir können nur unsere Hausaufgaben machen und offen mit den Finanzen umgehen“, so der Stadtdechant.
Eberhard Lang, stellvertretender Vorsitzender des Katholikenrates, begründet den Anstieg der Austritte nicht nur mit dem Verhalten des ehemaligen Limburger Bischofs oder den Missbrauchsvorwürfen. „Leute, die aus der Kirche austreten, hatten meistens zu diesem Zeitpunkt vermutlich nur noch eine lockere Bindung zum Glauben.“ Darüber hinaus habe er starke Veränderungen in der Gesellschaft beobachtet. Traditionelle Gepflogenheiten wie das gemeinsame Familienfrühstück am Sonntag und der anschließende Kirchenbesuch werden nur noch selten gepflegt. „Es ist ein Wandel im Miteinander, der das Leben in der Gemeinschaft beeinflusst“, sagt Lang. „Die Glaubensvermittlung junger Leute beginnt auch durch die Eltern. Jedoch haben viele diese Vermittlung daheim nicht mitbekommen und können es somit nicht an die eigenen Kindern weitergeben.“
Das Bistum Essen führt indes noch einen weiteren Punkt ins Feld, der für die steigende Zahl der Austritte im Ruhrgebiet sprechen könnte. Es geht um die in diesem Jahr erfolgte Umstellung beim Einzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Womöglich habe so mancher diese Verfahrensänderung für die Einführung einer neuen Steuer gehalten, heißt es von Seiten des Bistums.