Bottrop. Die Kläranlage in der Welheimer Mark gehört nicht nur zu den größten Abwasserreinigern des Landes, sie versorgt sich zudem größtenteils selbst mit Energie. Wie das funktioniert? Neun Leser der Aktion „WAZ öffnet Pforten“ warfen einen Blick hinter die Kulissen der Kläranlage.

„Hier wird aus schmutzigem Wasser Energie“, erklärt Dr. Lars Günther, Leiter der Kläranlage der Emschergenossenschaft seinen Besuchern. Die erste und zugleich geruchsintensivste Station in Welheim ist das Rechenhaus. Wenn das Abwasser aus den Städten, der Industrie und der Emscher in die Kläranlage fließt, wird es hier zunächst von groben Verschmutzungen befreit. „Bis zu 4,25 Kubikmeter kommen hier pro Sekunde an. Das sind fast 30 Badewannen voll Abwasser“, weiß Günther.

Hungrige Bakterien

Danach geht es in den Sandfang. In großen Becken setzen sich weitere Feststoffe ab und werden anschließend abgetragen. Sand beispielsweise würde im weiteren Verlauf der Reinigung Schäden in den Pumpen verursachen.

Am Ende der mechanischen Reinigung steht die Vorklärung. Hier sammelt sich organischer Schlamm an den Böden der Becken, der von einem Schild abgetragen wird. Danach bleiben nur noch Schwebstoffe, genauer gesagt Kohlenwasserstoffverbindungen, im Wasser. Das sieht an dieser Stelle schon viel sauberer aus, ist allerdings noch ziemlich trüb.

Um das zu ändern werden dem Wasser im nächsten Becken Bakterien zugesetzt. Hierbei handelt es sich also um eine biologische Behandlungsstufe. „Natürlich legen wir dabei Wert auf artgerechte Haltung!“, verrät Günther mit einem Augenzwinkern. Tatsächlich sind die Becken ein Paradies für die Organismen: „Was für uns Pizza ist, sind für die Bakterien die Schwebstoffe im Wasser“, sagt Ilias Abawi, Sprecher der Genossenschaft.

Da die kleinen Helfer jedoch auch nicht alle Schwebstoffe beseitigen, wird dem Wasser ein Fällmittel zugegeben. Eisenchlorid sorgt dafür, dass die Kohlenwasserstoffverbindungen zusammenflocken und abgetragen werden können. „Könnte darin ein Goldfisch überleben?“, hieß eine Frage aus der Besuchergruppe. Inzwischen schon.

Nach diesem Schritt ist das Wasser soweit gereinigt, dass es zurück in die Emscher geleitet werden kann. Günther ist stolz auf die hohe Reinigungsleistung seiner Kläranlage, aber: „Trinken würde ich es trotzdem nicht - wir wissen ja alle, wo es herkommt.“

Energie aus Schlamm

Die WAZ-Leser genossen die Aussicht über die Stadt, die sich von den Dächern der 45 Meter hohen Faultürme zeigt. In ihnen lagern Feststoffe, die während der einzelnen Reinigungsstufen abfallen. Schaufeln rühren in dem Schlamm bei 37 Grad solange darin herum, dass Gas entsteht und anschließend in Energie umgewandelt werden kann. Nach drei Wochen wird der Schlamm entwässert und verbrannt, sorgt so für Wärmezufuhr.

„Wir verbrauchen so viel Energie wie eine Stadt mit 20 000 Einwohnern“, erklärt Lars Günther. „Gleichzeitig erzeugen wir aber mehr als zwei Drittel davon selbst.“ Die Emschergenossenschaft arbeitet daran, sich komplett unabhängig von anderen Versorgern zu machen, also energieautark zu werden.

Außerdem wird momentan eine Pumpanlage gebaut. Denn in Zukunft soll das Abwasser über einen unterirdischen Kanal seinen Weg zur Kläranlage finden und „die Emscher als Dickdarm der Region ablösen“, wie Abawi es beschreibt. Auch Günther schließt sich ihm an: „Die Emscher soll wieder zu einem blauen Fluss mit grünem Ufer werden!“ Auch Nebenflüsse wie die Boye sollen renaturiert werden.

Das Fazit nach der Führung fiel bei den WAZ-Lesern durchweg positiv aus. Die großen Faultürme, die bei Dunkelheit blau erleuchtet sind, kennt jeder. Jetzt wissen alle aber auch ganz genau, wozu sie eigentlich da sind.

INFO: Die Teilnehmer der Stationen von „Die WAZ öffnet Pforten“ sind von der Redaktion benachrichtigt worden. Der Coupon zum Ausschneiden dient nicht als Zugangskarte ! - Am Samstag, 26. Juli, geht es um 11 Uhr zur Hauptwache der Feuerwehr an der Hans-Sachs-Straße. „Retten, Löschen, Bergen“ ist diese Exkursion überschrieben.