Bottrop. Morgens gekauft, nachmittags schon nicht mehr knackig, abends nur noch als Beigabe für Frikadellen tauglich. Wer kennt nicht die Halbwertzeit duftender Brötchen von der Billig-Theke? Solche Ware löst inzwischen einen Rückzug der angestammten Traditionsbäckereien aus.

„Das Bäckerei-Sterben in Bottrop ist ein trauriger Trend“, beobachtet Yvonne Sachtje von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). „Grund dafür ist die wachsende Zahl von Back-Discountern. Mit ihren aufgebackenen Billig-Brötchen, die zu Dumping-Löhnen produziert werden, machen sie es den traditionellen Bäckereien schwer.“

Dagegen halten

Dass an dieser Einschätzung etwas dran ist, bestätigen die drei Bäckermeister Wolfgang Quast, Siegfried Kiefer und Manfred Müller. „Wir versuchen, mit traditioneller Qualität, Zuverlässigkeit und Innovation dagegen zu halten und bauen darauf, dass die Kunden dies würdigen“, sagt Quast. Siegfried Kiefer spricht ein weiteres Problem an, das seine Branche längst erreicht hat. „Es ist schwer geworden, Lehrlinge zu finden.“

Zum einen gebe es im Handwerk allgemein die Not eines sinkenden Berufsinteresses bei jungen Leuten. „Das kann nicht überraschen, denn Elternhaus und Schulen zielen auf das Abitur, und dann am besten auf ein Studium.“ Dem Bäckerberuf hänge zudem der unbeliebte frühe Dienstbeginn an. „Das ist zwar richtig, aber in der Mehrzahl aller heutigen Berufe wird ebenfalls Schichtarbeit geleistet.“

Hausgebacken

NGG-Geschäftsführerin Yvonne Sachtje erkennt zudem ein „hausgebackenes Problem. Denn die Bäckermeister in Bottrop hätten längst etwas gegen ihre Billig-Konkurrenz tun können“. Dazu müssten sie ihre Innung auffordern, den Tarifvertrag für das Bäckerhandwerk als allgemein verbindlich durchzusetzen. Während beim Discounter häufig Stundenlöhne unter sieben Euro gezahlt würden, bekomme eine erfahrene, aber ungelernte Kraft am Verkaufstresen einer Bäckerei knapp 10,60 Euro pro Stunde. „Am Monatsende hat die Verkäuferin des Bäckermeisters damit gut 500 Euro mehr im Portemonnaie.“

Immerhin biete die Bäckerei von nebenan klare Vorteile: „Brote und Brötchen vom Bäcker schmecken den meisten Menschen besser als Aufbackware vom Discounter. Wenn alle, die in Bottrop Brot backen und verkaufen, dafür auch faire Löhne bezahlen müssen, wird es ein Comeback der Traditionsbäckereien geben“, sagt die Gewerkschafterin voraus.