Auch die Bottroper Mai-Demonstrationen sind übder die Jahrzehnte betrachtet ein Spiegel der jeweiligen Zeit. Aus den Klassenkampfveranstaltungen der Frühzeit machten die Nazis gleichgeschaltete Propaganda-Aufmärsche. Seit den 1950er Jahren stehen die Zeichen auf Ausgleich und allgemeiner sozialer Gerechtigkeit.
Die Zeiten, in denen auch in Bottrop noch Tausende zu den Maikundgebungen strömten, scheinen vorbei zu sein. Selbst die Zahl von 4500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände 1990 auf die Beine brachten, als sich der Beginn der Demonstrationen am 1. Mai zum 100. Mal jährte, weckt heute eher nostalgische Gefühle. Zuletzt beteiligten sich einige Hundert Arbeitnehmer an der Kundgebung.
Dabei sind beim Blick in die Archive die Themen der Demonstrationen heute so aktuell, wie vor 50, 60 oder 90 Jahren. Auch wenn die Zahl der Arbeitslosen heute mit 3800 weniger besorgniserregend ist als zum Beispiel 1932. Damals, knapp ein Jahr vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933, waren im noch viel kleineren Bottrop über 5300 Menschen auf der Suche nach Arbeit und - im Gegensatz zu heute auch wirklich nach Brot.
20 000 beim Gottesdienst am 1. Mai. 1933 wurden die Gewerkschaften von den Nazis „gleichgeschaltet“
Wer in den Zeitungen von damals blättert - für Bottrop hauptsächlich in der „Bottroper Volkszeitung“ (BVZ) - stößt während der gesamten 1920er Jahre neben Ermunterung zu praktischer Hilfe auch auf Aufrufe zum Gebet und zu Bittgottesdienste durch die Kirchen. Dem 1. Mai, damals noch „roter Kampftag der Arbeit“, stand man selbst auf Seiten der christlichen Gewerkschaften zuweilen kritisch gegenüber. So liest man in der BVZ zum 1. mai 1923 eine Stellungnahme der christlichen Gewerkschaften gegen die Erhebung des 1. Mai zum staatlichen Feiertag. Dies sei „volkswirtschaftlich und national nicht zu verantworten“, meinte man damals.
Teilnahme sinkt seit den 60er-Jahren
Waren die Mai-Kundgebungen der 20er Jahre noch eher klassenkämpferisch geprägt, so wandelte sich der 1. Mai unter der Nazi-Herrschaft zur gelenkten Propaganda-Veranstaltung zur Verherrlichung der „völkischen und nationalen Arbeit“.
Nach dem Ende von Krieg und Diktatur organisierten sich ab 1946 auch in Bottrop die Gewerkschaften neu und es fanden wieder freie Mai-Kundgebungen statt. Statt des konfrontierenden Klassenkampfes suchte man vermehrt den Ausgleich, obwohl der „Tag der Arbeit“ natürlich weiterhin eine große linke, sozialdemokratische Plattform bildete. In den 50er Jahren nahmen wieder weit über 10 000 Bottroper teil an den Kundgebungen auf dem alten Trappenkamp, später dem Berliner Platz, aber auch dem Cyriakus- oder Rathausplatz.
1959 meldete die WAZ, dass 21 000 Bottroper gewerkschaftlich organisiert seien. Bereits 1957 demonstrierten 15 000 Menschen nicht nur für gerechte Löhne, bessere Arbeitsbedingungen sondern auch für die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland und gegen atomare Aufrüstung.
Am 1. Mai 1956 fordern 12 000 Teilnehmer in der Innenstadt „Mehr billige Wohnungen statt Kasernen“ oder „Vom 8 Stunden-Tag zur 5 Tage-Woche“. Außerdem berichtet die WAZ an diesem Tag vom Tod des Vorsitzenden des Arenberg-Gesamtbetriebsrates. Georg Rödenbeck starb auf dem Demonstrationszug Richtung Trappenkamp an einem Herzinfarkt. Wenig später forderte der damalige langjährige Oberbürgermeister Ernst Wilczok eine „reelle Existenzchance für die Bergbaustädte“.
Seit den 60er Jahren ist die Teilnahme an den Bottroper Mai-Kundgebungen rückläufig.
Auf dem Höhepunkt der großen Weltwirtschaftskrise 1932 und dann 1933 beim ersten Maifeiertag unter der Nazi-Herrschaft, schlug man ganz andere Töne an. Die BVZ bringt auf der Titel eine ganzseitige Abhandlung eine Jesuiten über den Wert der christlichen und nationalen Arbeit. Die Berichterstattung erstreckt sich über mehrere Seiten und spiegelt den im katholischen Bottrop natürlich stark von der katholischen Soziallehre geprägten Geist. 20 000 zogen zum Feldgottesdienst auf den Sportplatz an der Paßstraße - und die Kirchenmeldungen verkünden in allen Gotteshäusern für 8 Uhr ein feierliches Hochamt. Bereits zu 6 Uhr früh riefen allerdings auch die braunen Parteigenossen zum großen Zapfenstreich und zum Hissen „der Fahnen der nationalen Freiheit“ auf. Überhaupt schien die Straße schon den Nazis zu gehören, die die Gewerkschaften „gleichgeschaltet“ hatten. Ab mittags gab es auf Trappenkamp und Sportplatz Radio-Liveübertragungen vom Berliner Lustgarten, nonstop bis zur abendlichen „Führerrede“. Fahnenschmuck wurde auch in Bottrop angeordnet - und der durfte natürlich nicht mehr rot sein. Die Zeit der freien Gewerkschaften war für die nächsten 12 Jahre vorbei - jede Abweichung lebensgefährlich.
Teilnahme an den Kundgebungen ist seit den 60er Jahren rückläufig
Waren die Mai-Kundgebungen der 20er Jahre noch eher klassenkämpferisch geprägt, so wandelte sich der 1. Mai unter der Nazi-Herrschaft zur gelenkten Propaganda-Veranstaltung zur Verherrlichung der „völkischen und nationalen Arbeit“.
Nach dem Ende von Krieg und Diktatur organisierten sich ab 1946 auch in Bottrop die Gewerkschaften neu und es fanden wieder freie Mai-Kundgebungen statt. Statt des konfrontierenden Klassenkampfes suchte man vermehrt den Ausgleich, obwohl der „Tag der Arbeit“ natürlich weiterhin eine große linke, sozialdemokratische Plattform bildete. In den 50er Jahren nahmen wieder weit über 10 000 Bottroper teil an den Kundgebungen auf dem alten Trappenkamp, später dem Berliner Platz, aber auch dem Cyriakus- oder Rathausplatz.
1959 meldete die WAZ, dass 21 000 Bottroper gewerkschaftlich organisiert seien. Bereits 1957 demonstrierten 15 000 Menschen nicht nur für gerechte Löhne, bessere Arbeitsbedingungen sondern auch für die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland und gegen atomare Aufrüstung.
Am 1. Mai 1956 stehen fordern 12 000 Teilnehmer in der Innenstadt „Mehr billige Wohnungen statt Kasernen“ oder „Vom 8 Stunden-Tag zur 5 Tage-Woche“. Außerdem berichtet die WAZ an diesem Tag vom Tod des Vorsitzenden des Arenberg-Gesamtbetriebsrates. Georg Rödenbeck starb auf dem Demonstrationszug Richtung Trappenkamp an einem Herzinfarkt. Wenig später forderte der damalige langjährige Oberbürgermeister Ernst Wilczok eine „reelle Existenzchance für die Bergbaustädte“.
Seit den 60er Jahren ist die Teilnahme an den Bottroper Mai-Kundgebungen rückläufig.