Bottrop. . Seit der Verschärfung des Nichtraucherschutzes vor einem Jahr hat das Ordnungsamt erst ein Bußgeld verhängt. Die Wirte beklagen seither Umsatzrückgänge und mancher Gast vermisst „Gemütlichkeit“. Doch einige Wirte sind durchaus selbstkritisch.
Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des verschärften NRW-Rauchverbotes zieht die Ordnungsbehörde eine entspannte Bilanz. Innerhalb der letzten zwölf Monate ist in Bottrop lediglich ein Fall registriert worden, in dem gegen das Gesetz verstoßen wurde und Bußgeld verhängt werden musste. „Der Rauch ist verflogen“, heißt es beim Ordnungsamt.
Auch wenn sich in der Zwischenzeit die Regelung bei den Gastronomen und Gästen untereinander eingespielt hat, bleibt der strikte Nichtraucherschutz für ein Großteil der Eckkneipen nach wie vor ein großes Thema. Die Zigarette vor der Tür schlägt sich nämlich auf die gesellige Stimmung nieder und damit auf die Umsätze an der Theke.
Die mäßigen Einnahmen ließen bereits über 100 Gaststätten in der Emscher Lippe Region schließen. Nach Umfragen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) wird sich die Zahl in den kommenden Monaten wegen auslaufender Pachtverträge weiter erhöhen.
„Das Geschäftsmodell einer Kneipe ist wie ein dreibeiniger Barhocker konzipiert: Bier, Kommunikation und Zigarette machen seinen Dreiklang aus. Bricht das Konstrukt zusammen, indem ein Standbein wegbleibt, bedeutet es für die Schänke oft den wirtschaftlichen Ruin“, beschreibt Thorsten Hellweg, Sprecher vom Dehoga NRW, die momentane Situation der Wirte.
Sabine Behrendt, Alte-Stuben-Pächterin, und Bianca Naglieri, Wirtin der Gaststätte König City, können nicht verstehen, warum das Rauchen im Gastgewerbe nicht einheitlich geregelt werden kann. Zumal ihre Gäste einer rauchfreien Gastronomie kritisch gegenüber stehen. „Die Gemütlichkeit ist verloren gegangen. Das vermissen viele meiner Stammbesucher und bleiben eher zu Hause“, beklagt sich Naglieri. Sie verzichtet lieber auf ihren Gewinn, als den geliebten Laden aufzugeben. Wirtin der Dom-Schänke, Irini Hubert, vermutet auch, dass der Nichtraucherschutz die Tendenz zu Kneipenschließungen fördere. Sie weist aber auch auf andere Gründe für das Kneipensterben hin: „Es ist sowohl der allgemeine Rückgang des Bierkonsums als auch ein geändertes soziales Verhalten der Jüngeren, die lieber woanders hingehen. Das macht unsere Gesellschaft kaputt.“ Fest steht: Die bessere Luft in den Räumen zieht nicht mehr Gäste an. Es sind die kreativen Einfälle und Einrichtungen, wie etwa die Kegelbahn im Keller, der Grillabend auf der Terrasse oder die Events der Vereine, die die Gäste um die Tische versammeln.