Bottrop. Ulrich Borsdorf, Gründungsdirektor des Ruhr Museums, erarbeitet die Neuausrichtung des Bottroper Museums für Ur- und Ortsgeschichte. Es bietet Platz für Industrie-, Stadt- und Wirtschaftsgeschichte. Im Interview spricht der Museumsmacher über den Standort Bottrop und die Stärken der Sammlung.

Geschlossen: Mehr gab es viele Jahre nicht zu vermelden aus dem Museum für Ur- und Ortsgeschichte. Fast schien es, als sei das alte Heimatmuseum im Stadtgarten aus dem öffentlichen Bewusstsein so gut wie verschwunden, auch wenn die Stadt eine ansehnliche Summe in die - gelungene - Renovierung der alten Villa neben dem modernen Museumsneubau steckte.

Jetzt kam, auch Dank großzügiger Mittel der NRW- und RAG-Stiftung, Bewegung in die zuletzt angestaubte Präsentation der Sammlung. Die Neuausrichtung des Hauses, das am 2. Juli eröffnet, liegt maßgeblich in den Händen eines Teams um Ulrich Borsdorf, Gründungsdirektor des Ruhr Museums. Mit ihm sprach Dirk Aschendorf über die Bedeutung der Sammlung für Bottrop und die Region.

Es gibt das Ruhr Museum als Haus für die Geschichte der Region. Braucht man da 12 Kilometer weiter überhaupt ein eigenes Museum für Ur- und Ortsgeschichte?

Ulrich Borsdorf: Das Ruhr Museum soll ja nicht alle lokalen Museen platt machen, jede Stadt hat ihre Identität, ihre Geschichte, die sich zum Beispiel auch im Bottroper Museum für Ur- und Ortsgeschichte zeigt.

Was macht aus Ihrer Sicht von außen die Besonderheit der Bottroper Sammlung aus?

Lokale Museen stärken die Identifikation mit der Heimatstadt

Das Ruhr Museum auf dem Essener Welterbe Zollverein war von Anfang an als Portal der Geschichte der Region angelegt. Allerdings erhebt auch das regionale Flaggschiff der historischen Museen nicht den Anspruch, alle Bereiche von der Natur- über Technik- und Kulturgeschichte erschöpfend zu präsentieren, so Ulrich Borsdorf. Der Gründungs-Direktor des Ruhr Museums bricht vielmehr eine Lanze für die lokalen Museen, die stark zur Identifikation der Menschen mit ihrer engeren Heimat, ihrer Stadt beitragen.

Die Rolle des Ruhr Museums sieht Borsdorf vor allem auch als unterstützende. Das gilt vor allem für die kleineren Häuser des Ruhrgebiets, zum Beispiel was die Weitergabe von Know-how angeht - wie jetzt zum Beispiel in Bottrop - aber auch in ganz praktischen Fragen, wie Ausstellungskonzeption, Restaurierung, Leihgaben oder dem schlichten Ausleihen von Vitrinen für Wechselausstellungen der benachbarten Museen.

Dabei kann sich Ulrich Borsdorf auch eine Art wechselnde Patenschaft zwischen dem Ruhr Museum und den kleineren „Geschwistern“ vorstellen - vielleicht ausgehend von aktuellen Projekten oder Zielsetzungen.

Richtige Stärken liegen dort zum Beispiel im Bereich der Eiszeit. Die Exponate die es dort gibt, sind alles Funde aus dem Stadtgebiet. Es gibt Unikate der Region, wie das einzige urzeitliche Palmblatt, den einzigen Skorpion, der in der Region je gefunden wurde. Wir wollen im neuen Ausstellungskonzept zum Beispiel auch die Fundorte der Stadt und deren Vororte anhand von Karten in das neue Konzept integrieren. Man kann in Bottrop die Geschichte der Zivilisation vor Ort nachvollziehen und wir arbeiten den Zusammenhang von Natur-, Zivilisations- und Kulturgeschichte heraus. Und: Im Gegensatz zu vielen anderen Ruhrgebietsstädten hat Bottrop neben der Bergbaustruktur immer noch eine starke bäuerliche Struktur, die auch dargestellt werden soll.

Auch bekannte Bottoper Persönlichkeiten finden Platz im neuen Museum

Welche Rolle wird die Orts- und Stadtgeschichte künftig spielen?

Die wird einmal anhand von Karten dargestellt - ein Element, das sich übrigens durch alle Räume zieht - und wir werden ausgehend von der Naturgeschichte die Besucher in die Industrie-, die Stadt- und Wirtschaftsgeschichte führen. Es wird Filme geben, wie von Zeche Prosper. Aber auch bekannte und unbekannte Bottroper, vom Bergmann bis zu Albers, Everding oder einem legendären Bürgermeister, werden zu finden sein - genauso, wie die alten Höfe und Herrensitze. Die zeigen wir mit einer alten Fotoserie, die vor 80 Jahren systematisch entstand. Aber auch Exponate aus der Kommende Welheim sind zu sehen.

Das alte Haus war voll von kleineren Grabungsfunden und ganze Schülergenerationen erinnern sich an Tiere, Insekten, Vogelstimmen . . .

Es wird anders, vor allem luftiger werden. Aber auch Tiere und die berühmten Aufzeichnungen der Stimmen kommen wieder vor.

Eine räumliche Erweiterung des Hauses wäre für die Zukunft optimal

In Bottrop dachte man zunächst an eine Teileröffnung, da die Finanzmittel nicht so flossen, wie ursprünglich erwartet. Wird das Museum ganz zugänglich sein?

Doch, das Haus wird jetzt komplett geöffnet und alle Abteilungen werden auch gezeigt. Bei der Größe wäre eine Teileröffnung nicht wirklich möglich gewesen, das wäre einer Notoperation gleichgekommen, vor allem, da die einzelnen Bereiche aufeinander aufbauen.

Bietet das Museum räumlich Möglichkeiten für thematische Schauen oder Wechselausstellungen?

Meiner Ansicht nach eher nicht. Die Dauerausstellung soll die Attraktion sein, die zusammen mit dem Kunstmuseum nebenan - wir nehmen ja auch Bezug zum Beispiel auf Albers - als optimale Einheit und Attraktion für Besucher nicht nur aus Bottrop sein soll. Eine räumliche Erweiterung wäre natürlich für beide Museen optimal.