Bottrop. . Am ZOB in der Bottroper City herrschte am Dienstag gähnende Leere. Nur zur Kundgebung des Verdi-Warnstreiks am Morgen füllten sich die Bussteige. Die Kitas bildeten Notgruppen. Das Rathaus blieb für Bürger geschlossen. Die „Best“ leerte keine Mülltonnen. Der öffentliche Nahverkehr ruhte komplett.

Der Warnstreik im öffentlichen Dienst hat den ZOB, den Zentralen Omnibusbahnhof am Berliner Platz am Dienstag in eine Geisterzone verwandelt. Wo sonst täglich 20 000 Bus-Fahrgäste an- und abfahren, herrschte gähnende Leere. Nur in den frühen Morgenstunden rauschte unter den überdachten Bussteigen ein Fahnenmeer. Überall die Verdi-Farben Weiß und Rot. Gegen 8.30 Uhr waren die Gewerkschaftsmitglieder in einem langen Zug vom Rathaus zur zentralen Kundgebung zum ZOB geströmt. 450 bis 500 Beschäftigte, so Verdi, seien dem Streikaufruf in Bottrop gefolgt.

Der öffentliche Nahverkehr ruhte komplett - bis auf einige wenige Busse der Deutschen Bahn. Alle 222 Busse der Vestischen blieben im Depot, auch die rund 100 privaten Busse, die im Auftrag der Vestischen unterwegs sind. Die Rathaus-Türen blieben für Bürger geschlossen; städtische Kitas arbeiteten nicht, vorsorglich hatte die Stadt Notgruppen eingerichtet. Mitarbeiter der Sparkassen waren im Ausstand, Beschäftigte der Best und des Knappschaftskrankenhauses ebenfalls.

„Kein Wort über sprudelnde Steuereinnahmen“

Die Streikenden zogen vom Rathaus aus in die Bottroper Innenstadt.
Die Streikenden zogen vom Rathaus aus in die Bottroper Innenstadt. © WAZ FotoPool

Auf der Streik-Kundgebung im ZOB pfiffen sich die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes warm. Oliver Kolberg, Gewerkschaftssekretär beim Verdi-Bezirk Emscher-Lippe-Süd, war überrascht von der Zahl der Streikenden. „Dafür, dass das so spontan war, bin ich sehr zufrieden.“ Den Arbeitgebern warf er Arroganz vor. „Es ist unverschämt, dass sie noch kein Angebot vorgelegt haben“, schimpfte er.

Mit harschen Worten wies Josef Hülsdünker, DGB-Regionalvorsitzender, die Vorhaltungen der öffentlichen Arbeitgeber zurück: „Sie sagen, Verdi habe maßlose Forderungen aufgestellt und gefährde Arbeitsplätze“, rief er durch den ZOB. „Aber da gab es kein Wort über die sprudelnden Steuereinnahmen und den großen Lohnabstand zur privaten Wirtschaft. Die Arbeitgeber zeigen damit: Sie schätzen Eure Arbeit nicht.“

Ärger über hohe Diäten

Die Einkommen aus Vermögen und Unternehmertätigkeit seien „rasant explodiert“, Löhne und Gehälter der abhängig Beschäftigten führten dagegen ein Schattendasein. Hülsdünker prangerte Steuererleichterungen für Unternehmer, Aktienbesitzer und Spekulanten an. „100 Euro für jeden und noch einmal 3,5 Prozent obendrauf sind für Uli Hoeneß einen Fliegenschiss. Für uns Beschäftige ist das eine maßvolle, aber wichtige Verbesserung unserer persönlichen Haushaltslage.“

Die Innenstadt wirkt menschenleer

Kein Bus fuhr am Dienstag, die Innenstadt wirkte wie ausgestorben. Doch die Händler schieben das nicht nur auf den Streik. „Die Stadt ist schon leer, aber ich kann nicht einschätzen, ob dafür der Streik heute verantwortlich ist“, sagte Anastasia Schur vom Brillenfachgeschäft Rottler. „Vielleicht liegt es einfach nur am schlechten Wetter.“

Stephan Weynans von Intersport beobachtete: „Morgens war es noch leerer in der Stadt, aber das hat sich im Laufe der Zeit schnell wieder normalisiert. Wir haben hier also keine wirklich drastischen Auswirkungen des Streiks mitgekriegt. Das hat man auf der vollen Autobahn schon deutlicher zu spüren bekommen.“

Auf enormes Interesse stieß die Facebook-Seite der Vestischen. Bis zum Mittag hatten sich bereits 21 000 Menschen informiert. „Die Kommentare halten sich in etwa die Waage was Zustimmung oder Ablehnung des Streiks angeht“, so Norbert Konegen, Pressesprecher.

Worte, die den Streikenden gut taten. „Die Politiker können ruck zuck ihre Diäten erhöhen, und für uns bleibt nichts übrig“, schimpften Bärbel (49) und Wolfgang (62). Beide arbeiten bei der Stadt. Angst vor weiterem Stellenabbau haben sie kaum. „Wenn wir immer nur Angst haben, können wir gar nichts erreichen.“ Wolfgang rechnet vor, dass die Stadt vor 35 Jahren 2400 Beschäftigte hatte, „heute sind es rund 1500. Da ist eine Grenze erreicht“.

Darin waren sich die Streikenden einig. Nur mit den - nach ihren Angaben - rund 80 Streikenden der Gewerkschaft Komba waren sie nicht einig. Komba hatte einen eigenen Streikzug organisiert. „Dass wir bei Verdi mitgehen, ist nicht gewünscht“, sagte Torsten Gasch-Göbel. Ihre Forderungen jedoch seien die gleichen.