Essen. Staatsanwalt Gabriel Wais und Verteidiger Matthias Nölting waren sich einig: Dem Bottroper Angeklagten, der auf einem Spielplatz einen siebenjährigen Jungen sexuell missbraucht haben soll, ist die Schuld nicht nachzuweisen. Und so entschied auch die V. Essener Strafkammer: Freispruch für den 43 Jahre alten Angeklagten.
„Die Aussage des Jungen hier in der Sitzung ist juristisch nicht belastbar“, begründete Richterin Luise Nünning die Entscheidung. Als „blutleer“ hatte zuvor der Staatsanwalt den Zeugenauftritt des Jungen bezeichnet. Über die Gründe spekulierte er nicht, wollte dem Kind auch keine Lüge unterstellen, aber die Aussage reiche einfach nicht, darauf eine Verurteilung zu stützen.
Anfang vergangenen Jahres hatte das Kind erstmals behauptet, der Mann, der sich um Arbeiten rund um den Spielplatz kümmert, habe ihm am 22. Januar 2013 in die Hose gefasst. Das Strafverfahren kam in Gang, ein psychologisches Gutachten stufte den Jungen als grundsätzlich glaubwürdig ein.
Vorwürfe stets bestritten
Der Angeklagte bestritt dagegen die Vorwürfe. Auch Nebenklageanwalt Thorsten Rühl gestand dem 43-Jährigen später zu, dass dessen Aussage „sehr vernünftig“ klang. Er beantragte trotzdem die Verurteilung zu neun Monaten Haft mit Bewährung, weil Glaubwürdigkeitsgutachterin Schuster den Jungen auch in der Verhandlung als glaubwürdig ansah. Anwalt Rühl begründete seine Forderung nach einer Verurteilung sogar mit Kriterien, die kaum in ein Urteil einfließen können: „Ich habe die Reaktion des Jungen gesehen, als er hier den Angeklagten sah.“
Richterin Nünning wies darauf hin, dass eine Tat konkret beschrieben werden müsse, damit ein Angeklagte sich gegen den Vorwurf wehren könne. Das sei hier nicht möglich gewesen. Der Junge habe kaum Angaben zur Sache gemacht. Er sei sehr traumatisiert gewesen, „wodurch auch immer“.
Das Gericht habe sich noch um das Randgeschehen gekümmert, daraus für eine Verurteilung aber nichts ableiten können. Irgendwann müsse man als Gericht auch mal „die Waffen strecken“. Eines lag der Richterin noch am Herzen. Sie wollte den Eindruck vermeiden, dass Kinder oder Tiere Freiwild sind: „Es ist nicht so, dass wir bei kleinen Kindern immer freisprechen.“